Reisen

Markus Molitor – Besondere Momente in Wehlen

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Markus Molitor. Ein Tag im Schlaraffenland –
Oder: Zu Gast auf Haus Klosterberg. 

Es gibt für alles ein erstes Mal. Die Einen bleiben positiv im Gedächtnis, andere negativ.
Und wieder andere werden dir immer ein Grinsen auf das Gesicht zaubern.
So wie mein erster Besuch an der Mosel, besser gesagt: mein Besuch bei Markus Molitor.
Eingeladen von Deutschlands bestem Sommelier, Daniel Kiowski, der zukünftig für den Export von MM zuständig ist, erfuhr ich die Ehre, alleine mit ihm und MM ein Tasting im privaten Esszimmer zu erleben.

Doch zunächst ging es ab ins Auto und raus in den Weinberg. Da es, wie gesagt, mein
erster Besuch an der Mosel war und ich zwar viel Mosel trinke, die Lagen jedoch nur vom
Namen kenne, fuhren wir sie alle ab:
Von der Zeltinger Sonnenuhr über die Wehlener Sonnenuhr bis hin zum Graacher Himmelreich und Domprobst. Weiter ging es in den Ürziger Würzgarten. Das wandelnde Lexikon am Steuer zeigte mir die Molitor’schen Parzellen, erklärte mir warum gerade diese die so gut sind, wie sich das Mikroklima innerhalb des Weinbergs präsentiert und und und. Eine Lehrstunde wie aus dem Buch – nur um ein x-faches interessanter!
Laublehre, Krankheiten die 2016 die Reben belasten, Bodenkunde, Terroir, … . Einfach
alles.

Und alleine das Panorama – Weinberge wohin du schaust. Der Ürziger Würzgarten mit seinem rötlichen Schieferboden und seiner wahnsinnigen Steillage, die Mosel die sich wie eine Schlange durch ein Meer von Grün zieht. Ich war zwar das erste Mal hier, denke aber, dass einen dieses Panorama jedesmal aufs Neue packt und beeindruckt. Die beiden Sonnenuhren erstrahlen wie Schreine im grünen Meer und animierten mich, zig Bilder zu schießen um auch sicher zu gehen, dass mindestens eines als MacBook Hintergrund zu gebrauchen ist. Wunderschöne Natur mitten in Deutschland.

Zurück im Weingut wurde gerade eine Lieferung Doppelmagnum Rohlinge ausgespült,
von MM himself! Hier arbeitet der Chef noch selbst!

Da das Tasting nur mit mir stattfand, belagerten wir fortan das Esszimmer und überließen die riesige Tafel in der öffentlichen Vinothek anderen Gästen.

Ich war schon mega gespannt…. den ganzen Tag, nervös, aufgeregt, in froher Erwartung.
Ich habe eine Zeit lang überlegt, wie ich das Tasting beschreiben würde. Über den Tag stiegen Aufregung und Nervosität, zeitlgleich überwog die freudige Erwartung auf das was kommt. Die Weine auflisten und dann ein Gesamtfazit ziehen, die Weine einzeln beschreiben, nur die Highlights hervorheben… Ich entschied mich für die folgende Ausführung:

Neben meiner Einladung zur Jahrgangspräsentation lag die aktuelle Preisliste parat –
allerdings sollte mir diese nur bedingt helfen. Daniel hatte für mich eine Menge an
Weinen vorbereitet, die nicht zum Verkauf gelistet sind. Oh yes! Ich will!

Ab die Fahrt.
Wir starteten mit etwas altem, wie alt? „Älter als 2000. Statement.“ Stimmt, gut. Noch
recht frische Farbe im Glas, mit merklichen Reifenoten in der Nase, Trinkflow bis der
Arzt kommt – Hammer! Und das Ding war noch älter als ich!
Zeltinger Himmelreich Kabinett trocken 1986 – wow! Noch so frisch, präsent, geile Säure – 30 Jahre alt!!! Geiler Opener … und so kann es weitergehen!

Das Molitor viele Lagen und Qualitätsstufen produziert war mir klar, einen „Fuder 6“
hatte ich bis dato allerdings weder gesehen, noch davon gehört oder geschmeckt. Diese Rakete gab es dann aus 2009 und 2014. Ewig alte Reben sind für diesen Tropfen verantwortlich, der sehr floral im Glas stand. Verschiedenste Blumen und ein Hauch von exotischen Früchten machten diese beiden Fuder 6 zu aromatischen, kräftigen Kabis, die ewig lange reifen können.
Vielleicht noch eine interessante Info für die, die wie ich noch nicht vom Fuder 6 gehört haben – dabei handelt es sich um eine Einzelfassabfüllung! Also unbedingt mal reinschmecken.

Time for the next flight:

Zeltinger Sonnenuhr Spätlese 2014
Niedermenninger Herrenberg Auslese** 2010
Zeltinger Sonnenuhr Auslese** 2014

Ich mag Sterne, hatte ich das eigentlich mal erwähnt?! Zumindest beim Wein…
Dabei muss ich gestehen, dass sich meine bisherigen Erfahrungen mit trockenen
Auslese**-Weinen von MM in Grenzen hielten.
Sehr schöne Früchte, Klarheit und eine wahnsinnig feine Mineralität machten mich zum
Fan! Gerade das Finish – sehr lang, mineralisch, spannend. Welche Auslese hat mir besser gefallen?… Beide auf ihre Art wahnsinnig gut!

Zeltinger Sonnenuhr Auslese*** 2003

Joa, was soll man da jetzt groß zu sagen? High-End!
Eine Komplexität an Früchten die ihresgleichen sucht und vielleicht nicht findet.
Wahnsinnig frisch, nahezu jugendlich trotz ihrer 13 Jahre. Apfel, Mandarine, Mineralität.
Am Gaumen ging dann richtig die Luzi ab – Honig, Grapefruit, Orange, Mineralität in
feinster Vollendung. Ewig lange im Mund präsent, ewig lange. Ein Riese. Da weiß man,
wieso MM diesen Wein lange Zeit zurückgehalten hat. 99BP?!
Soviel zunächst zu den trockenen Rieslingen.

Feinherb ging´s weiter…

Wehlener Klosterberg Spätlese 2003 Edition
Wehlener Klosterberg Spätlese 2007
Wehlener Klosterberg Spätlese 2014

Ja, Edition. Ebenfalls noch nicht geschmeckt, allerdings auf der Preisliste. Präsente
Mineralität, helle Frucht, vitalisierende Säure. Am Gaumen sehr mineralisch, aber nicht
störend. Für mich war die Edition am feinsten. Daniel favorisiert je nach Situation momentan die 2007er Spätlese.

Yeah, es wird restsüß!!!

Bernkasteler Bratenhöfchen Spätlese 2003
Zeltinger Sonnenuhr Kabinett 2014

Das Bratenhöfchen präsentierte sich wunderbar. Trinkbar ohne Ende. Geniale Süße,
straffe Mineralität, super Frucht und eine gewisse Würze, die das Ganze nochmal
komplexer machte. Sehr geil. Hallt lange, mineralisch und ein wenig würzig nach.
Ich glaube, neben dem 13er Kirchspiel von Keller habe ich keinen Wein in den
vergangenen Monaten so oft getrunken wie den 14er Kabi aus der Zeltinger Sonnenuhr. Meist spontan mit meinem lieben Joannis, selten über mehrere Tage. Daniel kredenzte mir also diesen „Der-geht-einfach-immer!“-Molitor und wollte von mir wissen, wie lang die Flasche schon offen sei.
Keinerlei Oxidation, frische Säure, alles gut.
„5 Tage?“ – „Fast, hier…“ – Er drehte die Flasche um und zeigte mir das Datum, an dem er die Flasche geöffnet hatte.
14.01.2016.
Kein Zahlendreher, kein Schreibfehler. Dieser 14er Kabi war ein geschlagenes halbes Jahr offen! Nur mit Korken verschlossen, ohne Vakuum oder sonst was. Wie krass ist das denn bitte?! Da fehlten mir echt die Worte, bzw. ein halbes Jahr offen lassen kann ja jeder, aber dass der Wein keinerlei Zeichen von Qualitätsverlust zeigt, war unglaublich. Ich war
baff!
Das ist Winemaking at its best. Trotzdem mal ehrlich: Würde ich meine Flaschen so lange geöffnet lassen? Nein! – Warum? Weil dieser Wein einfach Suchtfaktor besitzt und getrunken werden muss!

So, es waren schon echt schöne Sachen dabei, was allerdings noch kommen sollte, hätte ich insgesamt nicht geahnt. Weiter ging es also.

Wehlener Klosterberg Auslese** 1999
Erdener Treppchen Auslese** 2003

Zwei große **-Auslesen. Den 99er Wehlener Klosterberg hatte ich blind 2001
zugeordnet. Cremig, schöne Reifearomatik, Trinkflowwww.
Das Erdener Treppchen präsentierte sich golden im Glas, reife gelbe Früchte,
zerstampfte Banane und eine sehr sehr angenehme Mineralität. Am Gaumen seidig, cremig, angenehm, laaang.

Und es wird dicker!

Graacher Himmelreich Auslese*** 2006
Ockfener Bockstein Auslese*** 2014

Die Auslese aus dem Graacher Himmelreich kam herrlich fruchtig, tropische Früchte und ein Anflug von Ingwer dominierten. Eine wahnsinnige Balance machte diesen Wein für mich nahezu perfekt. Säure, Mineralität und Frucht sind dermaßen ausgewogen und gut abgestimmt – wunderbar. Für mich 98+.
Den Ockfener Bockstein hatte ich generell noch nicht geschmeckt, da kann man ja mal mit der Benchmark anfangen. Eine recht kleine Parzelle im Molitor Portfolio, aber endgeiler Stoff! Intensiv im Glas, die Nase hat es mal wieder in sich. Natürlich reife helle Früchte, allerdings kommt beim Bockstein eine gewisse Würze dazu. Am Gaumen macht diese Würze den Wein sehr spannend. Er macht diesen eh schon komplexen Tropfen noch facettenreicher und raffinierter. Da er noch ein Baby ist, dominiert eine straffe, vitalisierende Säure die am Gaumen tanzt und lange und vor allem viele Jahre verspricht. Wahnsinniges Potenzial!

So. Bevor ich nun mit den letzten vier Weinen beginne, muss ich eines vorweg sagen:
Es ist verdammt schwer das Geschmeckte in passende Worte zu fassen. Vor allem eben auch, weil jeder dieser Weine einfach nur wahnsinnig groß ist.
Wo zieht man also den Cut?

Ich versuche es dann mal:

Zeltinger Sonnenuhr Beerenauslese* 2006

Der erste der letzten 4 Großen. Ich hätte morgens nicht gedacht, dass ich in den Genuss solcher Ballermänner komme.
Perfekt gereiftes Lesegut gaben der BA* eine wahnsinnige Nase. Trockene Früchte, wobei Ananas dominierte. Auch wenn der Restzuckergehalt alles andere als niedrig war, war der Wein so frisch, so vitalisierend. Säure und Mineralität gingen Hand in Hand und vereinten sich mit der voluminösen, dominanten Frucht zu einem gierig machenden Zaubertrank. 98+

Zeltinger Schlossberg Trockenbeerenauslese 2006

Gold im Zalto. Man konnte die Konsistenz dickflüssiger werden sehen, unglaublich. In der Nase getrocknete Ananas, Reife Nektarine und eine gedämpfte Mineralität. Der Wein war, wer hätte das gedacht, fantastisch ausbalanciert und ließ keine Wünsche offen. Gewaltig breit, cremig und seidig waren die ersten drei Beschreibungen die ich im Kopf hatte.
Da ich den Zeltinger Schlossberg mit diesem Prädikat bisher noch nicht getrunken hatte, kann ich leider keinen Vergleich anstellen. Trotzdem erkennt man den Sprung zwischen der BA* und der TBA, was zeigt, wie punktgenau Markus Molitor und sein Team arbeiten. Präzision oder German Engineering. 99

Wehlener Sonnenuhr Trockenbeerenauslese* 2013 A.P.-Nr.: 92 16

Und es geht – natürlich – noch mehr. Nochmals cremiger, nochmals feiner und filigraner, nochmals komplexer. Man denkt, irgendwann muss doch mal gut sein.
Nein, hier und jetzt und an diesem Tag noch nicht.
Cremiges Gold im Glas, das noch ein wenig dichter ins Glas kam und im Glas stand als die TBA.
In der Nase getrocknete Aprikosen und Pfirsich, Honig, eine sehr geile Mineralität.
Am Gaumen fühlte ich mich mittlerweile kurz vor’m Zuckerschock. Aber das wäre voll in Ordnung gewesen. Lag noch nie wegen sowas Schönem im Krankenhaus!
Dazu gabt es Volumen, Volumen, Volumen.
So breit, so fluffig, so schön. Sie beanspruchte jeden Millimeter im Mund für sich – wahnsinn!
Das Finish und der Nachhall waren zum einen wunderbar elegant und fein, zum anderen einfach gigantisch lang. Eine Ewigkeit, ein ewiger Traum.
Punkte? Die interessierten mich einfach garnicht mehr. Weil: was kommt über 100? Nichts, denn hier bewegte ich mich schon im 7ten Weinhimmel…

Wehlener Sonnenuhr Trockenbeerenauslese***

2013 A.P.-Nr.: 95 16
Wie bereits erwähnt…
100+++BP.
Grand Cru Honig.
Der heilige Gral.
Das alles wird diesem Wein einfach nicht gerecht. Ich dachte immer Yquem ist das Ende der Fahnenstange. Dank Daniel bin ich jetzt wissend: DAS ist das Ende der Fahnenstange.
Schon als Daniel die 0,375l Flasche zum Marktpreis von geschlagenen 2500€ auf den Tisch stellte, grinsee ich vom linken bis zum rechten Ohr. Es fehlte dieser Sound eines Chors, der diesen Moment nochmals highlightet.
Wie auch die TBA* kamen beide Flaschen frisch vom Prüfamt und waren demnach auch mit der A.P.-Nr. auf dem Label gekennzeichnet.
“Bereit?” “Joa, mal gucken, ne…”
Der Zaubertrank wurde nicht ins Glas eingegossen. Nein.
Er begab sich ins Glas. Er floss ins Glas. Wie aus einem Quell. Wie frisches Hartz. Wie Honig. Wie flüssiges Gold.
Die Konsistenz war dermaßen dickflüssig, dass man dieses Schauspiel wirklich erregt beobachtet und auf dem Stuhl auf und ab hüpft.
Im Glas trifft es glaube ich Honig schon recht gut. Wundervolles Gold. Bernstein. Cremig.
Wo andere Weine beim Schwenken 5 Umdrehungen machen, waren es hier vielleicht 2.
Die Nase zwingt dich zum Augen schließen und an all das Schöne auf der Welt zu denken. Schönheit. Freiheit. Eleganz…
Eine nie gerochene Komplexität.
Reife, gar getrocknete Aprikose, reife Pfirsich, Passionsfrucht, sehr reife Ananas, feinster frischer Honig.
Das alles ließ den Wein aber nicht fett erscheinen. Er war gestochen scharf. Komplexität wurde hier für mich neu definiert. Filigran, auf den Punkt. Und so frisch und jugendhaft. Junge Junge.
Am Gaumen war dann alles zuende.
Explosionen über Explosionen. Nur der kleinste Schluck füllte den Mund bis zum letzten qmm, zur letzten Ecke aus. Ein monströses Volumen, ein goldener Hulk der aus kleinster Substanz, den größten Effekt wachsen lässt.
Wieder gereifte helle Früchte wie Aprikose oder Pfirsich, Honig und eine geniale Mineralität die gepaart mit der feinsten aller Säuren alles traumhaft unterlegt und weich bettet.
Das Finish? Das längste Finish meines Lebens. Ein ewig langer Abspann, wie nach Casino oder der Pate. Länger als manche Filme. Immer wieder blitzten hier und da kleine Fruchtbomben, die es unmöglich machen, das man aufhört zu Grinsen, sich über das Erlebte zu freuen. Es hört einfach nicht auf. Es will auch nicht aufhören. Und das ist gut so!
Wir haben heute Freitag. Ich glaube, ich habe die TBA*** immer noch am Gaumen. Kitzelnd, golden, unübertroffen.
Das ist einfach Winemaking auf dem aller aller aller aller …….. höchsten Niveau.
Man will das Glas auch einfach nicht leer machen, man will diese magischen Momente solang festhalten wie es geht.

Abschliessend möchte ich mich 1000000 mal bei Daniel bedanken, der ein Gastgeber aus dem Bilderbuch war, ein wandelndes Lexikon, ein Next-Level-Sommelier ist. So viele Sachen gelernt. So viel mitgenommen. DANKE BRO!
Ich möchte mich bei Markus Molitor himself für die Gastfreundschaft bedanken, der auch nach langem Arbeitstag, nach 19.00h, noch einen Weinverrückten in seinem Esszimmer duldete und mit riesiger Herzlichkeit behandelte. DANKE!

P.S.: Das Essen war auch sooo gut!!!

Alle von mir verkosteten Rieslinge auf einen Blick:

Weisse Kapsel:

Zeltinger Himmelreich Kabinett trocken 1986
Zeltinger Sonnenuhr Kabinett – Fuder 6 – 2014
Zeltinger Sonnenuhr Kabinett – Fuder 6 – 2009
Zeltinger Sonnenuhr Spätlese 2014
Niedermenninger Herrenberg Auslese** 2010
Zeltinger Sonnenuhr Auslese** 2014
Zeltinger Sonnenuhr Auslese*** 2003

Grüne Kapsel:

Wehlener Klosterberg Spätlese 2003 Edition
Wehlener Klosterberg Spätlese 2007
Wehlener Klosterberg Spätlese 2014

Goldene Kapsel:

Bernkasteler Bratenhöfchen Spätlese 2003
Zeltinger Sonnenuhr Kabinett 2014 geöffnet am 14.01.
Wehlener Klosterberg Auslese** 1999
Erdener Treppchen Auslese** 2003
Graacher Himmelreich Auslese*** 2006
Ockfener Bockstein Auslese*** 2014 geöffnet am 14.01.

Zeltinger Sonnenuhr Beerenauslese* 2006
Zeltinger Schlossberg Trockenbeerenauslese 2006
Wehlener Sonnenuhr Trockenbeerenauslese* 2013
Wehlener Sonnenuhr Trockenbeerenauslese*** 2013

 

Björn Bittner ist der Gründer von BJR Le Bouquet. Im Magazin beschäftigt er sich mit den Themen Premium-Kulinarik, Luxus und Lifestyle. Bon Vivant!

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