Erst vor Kurzem berichtete ich über das vom WSET zwar nicht komplett neue, aber modifizierte New Diploma, auch bekannt als WSET Level 4. Mit seinem Umfang und den nun auf Englisch abgehaltenen Prüfungen ist Level 4 sicher eine Aufgabe, die jedem Studenten viel Aufwand und Hingabe abverlangt.

Bevor man sich jedoch mit WSET Level 4 beschäftigen darf, gilt es Level 3 zu meistern. D.h. den einwöchigen Kurs zu besuchen und die anschließenden Prüfungen erfolgreich zu bestehen. An diesen Schritt, Level 3, habe ich mich vor wenigen Wochen gemacht und habe im Rahmen des Kurses eine Woche in Koblenz verbracht und täglich die IHK Akademie besucht. Für Level 2 war ich übrigens auch in Koblenz und habe mich deshalb wieder für den Besuch der IHK Akadamie dort entschieden. Bevor jemand abgeschreckt wird: wie auch Level 2 hat Level 3 jede Menge Spaß gemacht. Gemeinsam mit der Dozentin und den weiteren Kursteilnehmern hat man eine spannende, natürlich informative und wirklich coole, vinophile Woche!

Ein weiterer Grund der für Koblenz sprach war auch das Wissen, dass meine liebe Freundin Katrin Friederichs – ihrerseits WSET 4 Absolventin – die Dozentin für die Woche war, was mich persönlich sehr freute.

Anmeldung, Kurs gebucht, Zimmer gebucht – die Cozy Flats in Koblenz sind meiner Meinung nach DER perfekte Ort diese Woche zu verbringen – und auf die Kursunterlagen warten. Das waren die ersten Steps.

Nach Erhalt des „grünen Bundles“ -der WSET in London hat jedem Level eine eigene Farbe zugeteilt- das mit Lehrbuch und Aufgabenheft bestückt ist, ging es an die Leserei. Mein Ziel war es, das Buch vor dem Kurs komplett gelesen und durchgearbeitet zu haben, damit die Zeit unter der Woche für Nach- und Vorbereitung genutzt werden kann. Gesagt getan, wenn auch mit etwas Verzögerung und Last-Minute-Reading, da dann doch hier und da das Daily Business vom Lernen abhielt.

Ehrlich gesagt bin ich mit gemischten Gefühlen nach Koblenz gefahren. Warum? Im Vorfeld habe ich mit dem ein oder anderen WSETler gesprochen und viele Statements erhalten. Einige fielen eher entspannt aus, „Mach dir keine Sorgen, kein Problem für dich“, andere hingegen eher angestrengt „Das ist schon sportlich, viel Erfolg“. Da ich bereits in der Schule und vor allem im Studium ein absoluter „Klausurphobiker“ war, bereitete mir der Samstag mit den beiden theoretischen und der praktischen Prüfungen am meisten Sorgen. Aber dazu später mehr.

Natürlich ist der Kurs eng mit dem Lehrbuch verknüpft. Wie sich der komplette Stoff auf die fünf Tage aufteilt, ist im Endeffekt aber dem jeweiligen Dozenten überlassen. Das Lehrbuch als solches, lässt sich in drei Teile einteilen: Im ersten Teil geht es um alles was es braucht, um von der Rebe einen Wein auf die Flasche zu bringen und welche äußeren Faktoren mit dem Endprodukt verknüpft sind. Also vom Rebschnitt, über die Vinifkation bis hin zu preisbestimmenden Faktoren des Weins.

Im zweiten Abschnitt, der den Bärenanteil des Buchs ausmacht, wird auf die verschiedenen Länder, deren Regionen und Weine eingegangen. Welches Klima herrscht in Mendoza? Welche Rebsorten sind prädestiniert für La Meseta? Und was ist nochmal Aglianico? Im dritten Teil stehen „besondere“ Weine auf dem Programm. Vom Schaumwein bis hin zu aufgespriteten Weinen.

Generell kann man sagen, dass sowohl die Länder der alten, als auch der neuen Welt gut beleuchtet wurden. Dass nicht jedes Detail in der knapp bemessenen Unterrichtszeit besprochen werden kann, ist finde ich klar, weshalb das Durcharbeiten des Buchs im Vorfeld erforderlich ist. Anzumerken ist dennoch, dass einige Länder und Regionen in London wohl besonders hoch im Kurs stehen und somit ausführlicher behandelt wurden als andere. Frankreich beispielsweise, als Wiege und Vorbild für den weltweiten Wein, bekam besondere Beachtung.

Besondere Beachtung, wenig überraschend, erfährt das Verkosten der Weine nach dem SAT-Schema. Das SAT-Schema ist vom WSET aufgesetzt worden und führt strategisch sinnvoll durch die Betrachtung eines Weines anhand verschiedener Indikatoren. Es verläuft klassisch, angefangen bei Optik des Weines („klares Zitronengelb“), über das Geruchsbild samt Ausprägung („Mittel + Intensität mit Aromen von X,Y,Z“) bis hin zu allem, was sich am Gaumen abspielt. Dazu zählen unter anderem Geschmack, Körper, Alkohol, Intensität und der Abgang. Abschließend wird der Wein basierend auf den eigens erstellten Notizen in seinem „Trinkstatus“ („zu jung; jetzt trinken, keine Lagerung; zu alt; …“) und seiner Qualität („durchschnittlich; gut; sehr gut; …) bewertet.

In diesem Stil werden pro Tag ca. 20 verschiedene Weine, an das gerade besprochene Land geknüpft, exemplarisch verkostet, sodass am Ende des Kurses rund 100 Weine über den Gaumen gegangen sind und sich durch diese strikte Wiederholung das Verkostungsmuster das SAT-Schema beim Studenten verfestigt hat und jederzeit abrufbar ist. Bei den Weißweinen gilt es übrigens von 20 möglichen Punkten mindestens 11, bei den Rotweinen von möglichen 21 Punkten – „Tannin“ kommt hinzu – 13 Punkte richtig zu „verkosten“. Die entscheidende Zahl ist bei allen Prüfungsteilen die 55. 55% gilt es in der praktischen Prüfungen, wie auch im Multiple Choice Teil und bei den offenen Fragen zu sammeln.

Offene Fragen? Ja, da war was. Neben den klassischen Multiple Choice Fragen, 50 an der Zahl, werden auch vier offene, mit diversen Unterfragen bestückte Fragen gestellt. Für jede der vier Fragen gibt es 25 Punkte, auch hier gelten die 55% als der goldene Schnitt.

Und hier kommen wir auf den für mich absoluten Kernwert, den Level 3 vermitteln möchte: Transfer. Die offenen Fragen verlangen dem Studenten den Transfer verschiedener, erlernter Dinge ab, die schließlich zum Ziel führen – wenn richtig transferiert natürlich. Das sind Fragen, die die Berücksichtigung von Faktoren wie Klima, Anbau, Risiken, Rebsorten usw. erfordern. Sie ergeben, sofern man richtige Schlüsse zieht und richtige ableitet, die so geliebten Punkte. In Mathe und Statistik war ich nie der größte Fan von ableiten und transferieren, war darum umso erfreuter, dass es im vinpophilen Kontext gut funktionierte.

Das ist also WSET Level 3. kurz zusammengefasst. Abschließend möchte ich noch auf ein paar Punkte eingehen, die für den Interessierten sicher relevant sind:

– Ich empfehle das Durcharbeiten des Buches vorab

  • Der Kurs/Die Dozentin bereitet euch gut auf die Prüfung vor, wenn ihr das Buch gelesen habt
  • Dank der häufigen Wiederholung des Verkostungsschemas seid ihr gut vorbereitet
  • Im Übungsheft stehen eine Reihe von Aufgaben. Im Kurs werdet ihr weitere Theorieaufgaben bearbeiten, die euch weiterbringen
  • Teilt euch die Zeit bei der Prüfung gut ein. Rushed durch die Multiple Choice, bei den offenen Fragen kann man schon mal etwas mehr schreiben müssen

Achja, übrigens: Es macht Spaß! That’s what its all about.

BJRLeBouquet

Björn Bittner ist der Gründer von BJR Le Bouquet. Im Magazin beschäftigt er sich mit den Themen Premium-Kulinarik, Luxus und Lifestyle. Bon Vivant!

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