Die Trinktemperatur des Weins ist immer wieder ein spannendes Thema. Zwar gibt es recht klare Richtlinien Temperatur bei den verschiedenen Weinen die richtige ist, doch Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.

Die Idee für diesen Blog kam mir bei einem meiner letzten Events im Düsseldorfer Eiskeller. Dort verkostete ich gemeinsam mit Wein-Interessierten aus der Umgebung von Düsseldorf neun Weine. Es gab mehrere Flights mit unterschiedlichen Themen. So wechselten wir von Schaumweinen aus Frankreich und Spanien zu deutschem Riesling, von dort ging es weiter mit deutschem und italienischem Weißburgunder und schließlich Rotwein aus Spanien und Italien.
Während des Rieslingflights kam das Thema der „richtigen“ Temperatur für die Weine auf. „Zu warm“ seien ein Teil der Weine, andere, die direkten „Kontrahenten“ im Glas, hätten die richtige Temperatur.
Spannend dabei und deshalb zu erwähnen: Alle Weine wurden zunächst bei rund 10 Grad gelagert, bevor sie anschließend für 3 ½ Stunden in die 6 Grad kalte Kühlung des Eiskellers kamen.  
Sprich: die Weine sollten gleich kühl gewesen sein. In diesem Fall ging es um einen schlanken, frisch, spritzigen, restsüßen Kabinett von der Mosel und einen zwar jungen, aber dennoch reicheren und auch opulenteren trockenen Ortsriesling aus Rheinhessen. Der Kabinett war super temperiert, der trockene Riesling schien einem Teil der Weinfreunde zu warm. Hm.

Erklärung? Warum wirkte der Wein zu warm?

Schwierig, denn es kann an vielen Faktoren liegen, dass die Weine nicht als gleich-kalt empfunden wurden. Ich behaupte, dass der Kabinett aufgrund des „1. Weins des Flights“ großteils zuerst verkostet wurde und der trockene Riesling erst anschließend. Bereits beim Einschenken wird der Wein, natürlich abhängig von der Raumtemperatur, bis zu 2 Grad wärmer. Hier kommt noch die Standzeit im bauchigen Glas hinzu, und schon kann der auch kräftigere, alkoholreichere Riesling als zu warm empfunden werden.
Wirklich eine spannende Gesprächsrunde resultierte daraus. Auch später bei den sehr unterschiedlichen Weißburgundern, die das Thema weiter anfeuerten.

Was ist allgemein zur Wein-Temperatur zu sagen?

Gerade beim Thema Wein hintenan eine ewig lange Liste an „Do’s“ und „Dont’s“, trotzdem ist wohl keine Faustregel so klar wie: weißer Wein gehört kühl getrunken, roter Wein wärmer.
Grundsätzlich ist das natürlich korrekt, allerdings gibt es an diesem Punkt schon zu viele Ausnahmen: Welcher Weißwein? Welche Rebsorte? Welcher Rotwein? Reicht „Zimmertemperatur“? Was heißt „Zimmertemperatur“ überhaupt? Was ist mit Schaumweinen? Und und und.

Trink- oder Serviertemperatur?

Wie bereits erwähnt, wird Wein bei wärmerer Umgebungstemperatur schon beim Servieren, also Einschenken, wärmer. Wie schnell und wieviel, hängt natürlich von der Umgebung ab. Beim Kochen in der vielleicht etwas geheizten Küche wird er wärmer und auch schneller warm, als während eines Kellertastings im temperierten Weinkeller.

Wie reagiert Wein auf unterschiedliche Temperaturen?

Viele wissen es, viele haben es bereits selbst – am eigenen Gaumen und in der eigenen Nase – erlebt. Weine reagieren auf unterschiedliche Temperaturen und können ihr gesamtes Geruchs- und Geschmacksbild verändern.
Ist ein Rotwein zu kalt – wird er aus dem Kühlschrank oder auch kühlen Keller geholt – geöffnet und direkt serviert, ist er verschlossen und zeigt nicht die Aromen und den Geschmack, den er bei einigen Grad mehr haben würde. Säure und Tannine werden betont und wirken somit „aggressiver“. Der Wein kann sich schlichtweg nicht entfalten. Ist er hingegen zu warm, tut ihm das genauso wenig gut.
Weine, ob rot oder weiß, die zu warm serviert und getrunken werden, wirken oft alkoholisch und „fett“, einfach überladen. Gut beobachten kann man dies bei kraftvollen, intensiven Rotweinen, die mit zu viel Temperatur marmeladig werden.
 
Der italienische Weißburgunder, den wir während des Events im Eiskeller verkosteten und der eh schon recht opulent war und mit 14% Alc. im Glas stand, wurde mit zunehmender Temperatur schwerer und alkoholischer, bis sein anfängliches Geschmacksbild komplett verändert war. Und zwar negativ.

Richtwerte für die Wein-Termperatur

Um nun einmal Zahlen zu nennen, lässt sich die Temperatur ungefähr so beziffern:
Es handelt sich hierbei um die Trinktemperatur. Natürlich gibt es Weine, die sich pauschal nicht zuordnen lassen.
 
Schaumweine (Sekt, Cava, Champagner ohne Jahrgang, Franciacorta, Prosecco)
5-7 Grad
 
Leichte, trockene Weißweine (Riesling, Sauvignon Blanc, Pinot Grigio/Gris)
9-11 Grad
 
Körperreiche Süßweine (Auslese, Eiswein, Sauternes)
10-12 Grad
 
Weißweine mit mittlerem Körper (Weiss- und Grauburgunder)
10-12 Grad
 
Jahrgangschampagner (gereifte Champagner)
10-14 Grad
 
Körperreiche Weißweine (Chardonnay/Weißwein aus dem Holz, Riesling Großes Gewächs)
12-14 Grad
 
Leichte Rotweine (Beaujolais, leichte Spätburgunder/Pinot Noir)
12-14 Grad
 
Rotweine mit mittlerem Körper (Chianti, Zinfandel, Rioja)
15-17 Grad
 
Körperreiche, tanninhaltige Rotweine (Bordeaux Grand Cru, Südliche Rhone, Barolo, Shiraz)
16-18 Grad

Wie kriege ich den Wein auf die richtige Temperatur?

Da es ja verschiedene „Richtungen“ gibt, Temperatur erhöhen oder Temperatur verringern, gibt es auch verschiedene Möglichkeiten, den Wein in die für ihn richtige Trinktemperatur zu bringen. Um auf der komplett sicheren Seite zu sein, ist ein Thermometer mit dem die Temperatur des Weins gemessen wird natürlich unabdingbar.
Ich selbst muss gestehen, noch nie eins benutzt zu haben. Ich gehe nach meinem Gefühl und Geschmack. Gerade am Anfang ist das Thermometer allerdings eine gute Unterstützung. Eine Alternative ist eine Manschette, die um die Weinflasche geklammert wird und die Temperatur misst. Tut auch was sie soll, nur nicht so genau wie das Termometer.

Hoch- oder runterkühlen?!

Wer nicht gerade den perfekt eingestellten Weinkühlschrank ä, oder optimal gekühlten Weinkeller hat hat zwei Möglichkeiten, wenn man ein Glas genießen möchte oder Gäste im Anmarsch sind:
 
1. Sich gut vorbereiten, immer etwas in richtiger Temperatur im Ärmel haben
2. Frappieren oder Chambrieren

Frappieren – Den Wein schnell kühlen

Es ist Sommer, die Sonne ballert auf die Terrasse und die Kehle ächzt mit Nachdruck nach etwas frischem, kühlen Weißen.
Was tun? Frappieren! (Hat nur bedingt etwas mit Extra Latte Schoko Thai Chai Soja Frapé bei Starbucks zu tun)
Sektkühler oder ein ähnliches Gefäß raus holen, Eiswürfel rein, Wasser drüber und die Flasche rein. So kann man den Wein in wenigen Minuten runterkühlen. Nochmals beschleunigen lässt sich der Kühlvorgang, wenn man noch zusätzlich Salz hinzugibt. Dieses lässt die Eiswürfel schneller schmelzen, was zur schnelleren Abgabe von Kälte führt.
Natürlich kann auch ein Rotwein zu warm sein, was ihm ein kleines Eisbad erlauben würde.

Chambrieren – Den Wein “erwärmen”

Sollte es aber der Fall sein, dass Rotwein zu kühl ist, chambriert man ihn, um die richtige Servier- und somit Trinktemperatur zu erhalten. Wie wird der Wein nun schneller warm? Man könnte ihn eine Zeit lang innig umarmen, was bei manchen Weinen auch durchaus erlaubt sein soll, wenn es etwas besonderes ist. (Achtung: Spaß) Wichtig ist – je nach Wein – ihn nicht nur von einer Seite zu erwärmen, z.b indem man ihn auf die Heizung stellt, auf den von der Fußbodenheizung erwärmten Boden oder ähnliches. Warum? Der Wein wird nur unten warm, nicht oben, man müsste ihn also einmal „umdrehen“, um den wärmeren Anteil in der ganzen Flasche zu verteilen. Bei gereiften Weinen und Weinen mit Sediment ist dies jedoch nicht ratsam. So werden diese oft schon Tage vorher aufgestellt, eben damit sich das Sediment unten absetzt und es beim Ausgießen nicht ins Glas gerät. 
Deshalb wird der Rotwein mit einer wärmenden Manschette erwärmt oder in lauwarmes Wasser gestellt, was ihn im Handumdrehen auf die richtige Temperatur bringt. Nur, nicht zu lange baden lassen.

Abschließend: Immer dran denken…

– Der Wein, eure Nase, euer Gaumen und eure Freunde werden es euch danken, wenn ihr den Wein in der richtigen Temperatur serviert.
 
– Der Wein wird von selbst warm. Also lieber etwas zu kühl servieren, als zu warm.
 
– Fasst das Glas mit Stil am Stiel an. Wenn ihr das Glas am Bauch anfasst wird der Wein nicht nur wärmer, sondern schneller wärmer und auch wärmer als die Umgebungstemperatur (außer ihr sitzt im Hochsommer in der Sonne). Wenn der Wein jedoch viel zu kalt ist, kann man ihn so schneller erwärmen.

Welches Thema interessiert dich? Schreib mir!