Ja oder ja.
Das waren die Antwortmöglichkeiten auf die Frage: Wir wohnen im Louis C Jacob, wollen wir im Jacobs Restaurant zu Abend essen? Ja.
Mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet, freute ich mich schon seit einigen Wochen auf den Besuch im Hamburger Gourmet-Tempel.
Wurde das Menü just einen Tag vor dem Dinner erneuert, war die Weinauswahl im Vorfeld etwas erschwert. Entschied ich mich gegen einen Champagner-Apero, es gab übrigens Dompi 2006 und Krug Rosé im offenen Ausschank, ließen wir 3 std vor dem Dinner einen Hubacker und ein Kirchspiel aus 2012 von Klaus-Peter Keller dekantieren. Ein interessanter und vor allem geiler Apero: Kirchspiel gegen Hubacker. Außerdem musste eine Viña Tondonia Gran Reserva Blanco aus 1991 dran glauben und durfte ebenfalls drei Stunden Luft schnuppern. Rot ließen wir noch offen, zum Dessert gab es ein weiteres Monument deutscher Weinproduktion: selbst mitgebrachte Zeltinger Sonnenuhr Auslese*** von Lieblingswinzer Markus Molitor aus dem grandiosen Jahr 2010 in der halben Flasche.
Wir bekamen einen runden Fenstertisch mit totalem Blick auf die Elbe und die vorbeiziehenden Ozeanriesen. Spektakulär, der Blick ist schon einmal 2-Sterne wert.
Das Restaurant Jacobs ist einfach wunderschön ausgestattet. Wenige Tische, genügend Platz, mit Stuck besetzte Decken, riesige, pompöse Kronleuchter und dezente Dekoration.
In die Weine nach dem Check-In schonmal reingeschmeckt, gab es nun Keller-Apero und drei wunderbar feine Amuse Bouche, mehr als ansprechend serviert. Zeigte sich der Hubacker bereits vor dem Dinner als größer, allerdings auf sehr hohem Niveau. Gelbe Frucht, sehr schön floral, ein wenig Honig. Am Gaumen eine Explosion von gelber und Steinfrucht. Herrlich! Der Hubacker war “breiter” als das Kirchspiel, cremig, es tanzte eine feine Mineralität auf der Zunge, sehr vielschichtig und wie immer, ewig lang. 96BP.
Das Kirchspiel hatte ebenfalls gelbe Frucht und Pfirsich und schöne Mineralität. Im Gegensatz zum Hubacker hatte das Kirchspiel mehr Säure. Anfangs lag das Kirchspiel recht deutlich hinter dem Hubacker zurück, wurde jedoch zum Ende des Dinners immer besser und konnte einiges an Boden gut machen. Dennoch war der Hubacker für mich größer. Kirchspiel diesmal für mich 94-95BP.
Zum Brot gab es gesalzene Butter und eine Paste von Creme Fraiche und Pfifferlingen. Junge, war das lecker. Zum drin Baden gut!
In Absprache mit dem sympathischen Somm Sebastian Russold einigten wir uns darauf, das Thema rot noch etwas rauszuzögern.
So kam der erste Gang:
Roh marinierter Adlerfisch, Avocado, Limette und Korianderkresse
Der Adlerfisch zerging auf der Zunge, wie die Avocado – unglaublich gut. In Komposition mit der cremigen Avocado, der crispy Limette und der frischen Korianderkresse ergab sich ein genial facettenreicher Gang. Saftig, cremig, ausbalanciert.
Ob die Keller dazu passten? Ja mei, natürlich passte das. Machte sogar richtig Spaß!
Samtsuppe vom Hummer mit Champagner
Die beste Hummersuppe die ich je gegessen habe. Ganz einfach. Am Tisch angerichtet mit einer Menge Hummerfleisch inkl. Scherenfleisch. Eine wunderbare Cremigkeit, der Hummer saftig auf den Punkt, eine Geschmacksexplosion am Gaumen. Phänomenal!
Und ja, auch dazu passten die beiden Keller hervorragend.
Gebratener Nordsee Steinbutt an Blumenkohl, Kapern, Petersilie und Zitrone
Optisch einseitig hell gehalten war ich zunächst skeptisch wie dieser Gang wohl sein würde. Ich esse zwar Blumenkohl, bin aber nicht der größte Fan und habe bisher noch kein Gericht mit Blumenkohl im Sternerestaurant bekommen. Also?
Crazy dieser Gang. Der Steinbutt war schlichtweg perfekt, mehr muss man zum Fisch nicht sagen. Was diesen Gang allerdings außergewöhnlich machte, waren zum einen der besagte, dominante Blumenkohl, zum anderen die kleinen Stücke Kochschinken. Ich dachte erst ich habe mich verschaut oder das dieser ausversehen auf dem Teller gelandet ist, dem war allerdings nicht so. Und dann habe ich gemerkt warum. Die Kombination aus Steinbutt, Blumenkohl und dem Kochschinken fand ich wahnsinnig spannend und gut, aber auch sehr mutig, da ich diese Komponenten niemals auf einem Teller vermuten würde. Klasse!
Die Viña Tondonia Gran Reserva aus 1991 passte hervorragend zu diesem ausgeflippten Gang. Wahnsinnig cremig mit Toffee und Karamell, Nuss, Chardonnay-artig, wuchtig-kraftvoll, komplex und gar jugendhaft trotz der 25 Jahre in der Flasche. Ein großer Wein. 94+BP.
Rinderfilet mit Pommery-Senfkruste, Rotwein-Pfefferjus Chicorée, Schalotten und Sellerie
Es folgte dieser klassische Gang auf den Steinbutt. Im Vorfeld entschieden wir uns für einen 2010er Chateau Phélan-Ségur. Recht dominantes Holz, fruit-driven, mit vollem Körper, straffen Tanninen und einem jugendlichen Charakter mit langem, vibrierendem Finish. Und Trinkflow! Trink ich gerne in 10 Jahren nochmal. An diesem Abend für mich 92-93BP.
Das Rinderfilet, ebenfalls das beste Rinderfilet das ich in meinen 26 Jahren essen durfte, war auf die Sekunde gegart und hatte eine fabelhafte Optik. Ein rundes Stück das außen gar glänzte. Noch jetzt frage ich mich, wie Thomas Martin das so auf den Teller bekommt. Ausgestanzt und dann mit Öl bepinselt?
Gemeinsam mit den Beilagen und dem Bordeaux ergab sich ein harmonisches Bild, das mit dieser handwerklichen Leistung und einem solchen Wein gar nicht enttäuschen konnte. Can’t ask for more!
Komposition von Ananas und Kokos
Ananas: Top! Kokos: Naja. Das ist eigentlich meine Einstellung zu diesen beiden Komponenten des Desserts. Hier wurden diese jedoch sehr passend vereint und sorgten für ein fruchtig, cremiges Finish des Menüs.
Das Highlight des Desserts war jedoch der Wein. Wie schon beschrieben, ein Monument. Die Zeltinger Sonnenuhr, die mittlerweile 6 Std offen war und der jede Minute gut getan hatte, war ein Riese. Honig, reife Ananas und Aprikose, cremig, kraftvoll, füllte den Mund bis in die letzte Ecke aus. Dazu die Moselsche Mineralität und eine vitalisierende, vibrierende, unvergleichliche Säure. Mein Freund Daniel Kiowski beschrieb mir diesen Wein einst so: “10 ZS *** ist monumental. Ein Wein, unzerstörbar, so groß, so fein, so unendlich. Hält länger als ein Menschenleben.”
Word.
Variation von Petit Fours
Hm, Variation ist gut. Ein Wagen, mit drei Etagen, Trüffel, weisse Schokolade, dunkle Schokolade, Pralinés, Törtchen… da wird der stärkste Zuckerschock dein Freund.
Käsewagen
Nicht weniger umfangreich präsentierte sich der Käsewagen im Jacobs. Auch hier war für jeden Geschmack etwas dabei, wahrscheinlich sogar eine Vielzahl an Käsesorten für jeden Geschmack. Höchste Qualität, hervorragend gereift. Sowas zuhause…
Ja, was soll ich abschließend groß zu solch einem wunderbaren Dinner mit feinstem Essen und großen Weinen sagen?
Das Essen war grandios, das Restaurant mit seinem pompös-edlem Interieur und dem einmaligen Elbblick ein Traum, die Weine haben hervorragend gepasst. Alles richtig gemacht.
Der Service rund um Somm Sebastian und Jeanette war tadellos. Wir wurden freundlich und mit großer Aufmerksamkeit umsorgt und empfanden das größere Personalteam als angenehm – nicht zu viel, nicht zu wenig, genau richtig.
Impressionen vom Jacobs Restaurant:
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