Meine letzte große Reise ging Mitte Januar – fast zeitgleich mit dem Durchbruch des Coronavirus in Asien – über die Bühne. Seit dem ist viel passiert, und auch nicht. 

Heute wissen wir mehr über das Virus, jedoch immer noch wenig darüber, wie lange es uns noch im alltäglichen Leben einschränken wird. Auch wenn ich kein Aluhutler bin, gehe ich von keiner eklatanten zweiten Welle von COVID-19 in Deutschland aus. But only time will tell. 

Als Risikopatient mit diversen chronischen Vorerkrankungen muss ich besonders auf der Hut – ohne Aluhut – vor COVID sein. Wie unzählige andere Menschen vermisse ich die Reiserei, die Einfachheit der Dinge und das unkomplizierte Treffen mit Freunden. Mit der Maskenpflicht habe ich generell wenig Probleme, ja finde sie hier und da durchaus angenehm. Insbesondere dann, wenn im Supermarkt nicht auf meine Lebensmittel genießt wird. Während meiner Japan-Reise habe ich sogar fast 10 Tage durchgehend Maske getragen – teilweise nachts zum schlafen!

Und ja, eigentlich sollte man – Risikopatienten im speziellen – die Öffentlichkeit meiden, nicht unbedingt Restaurants besuchen und schon gar nicht reisen. Leider liebe ich es essen zu gehen, dabei einen leckeren Tropfen im Glas zu haben und mit Freunden zu schnacken. Genauso liebe ich es in andere Länder zu reisen, neue Kulturen und Menschen kennenzulernen und die dortigen Speisen und Weine zu genießen. Und das am liebsten immer. Nachdem sich die Lage für mein Verständnis – einige wenige „Corona-Hotspots“ ausgenommen – in Europa beruhigt hat, war für mich klar: Sylt ist wunderschön, aber ich brauche auch mal Sonne diesen Sommer. 

Da auf den Balearen vor wenigen Wochen eine Maskenpflicht für alle öffentlichen Räume angeordnet wurde – von Ibiza und Mallorca höre ich recht flapsigen Umgang mit diesen Anordnungen – war für mich Malle und Ibiza gestrichen. 

Aber Sardinien ist auch schön. Nein, traumhaft. Und da gibt es zum einen wenige Covid-Fälle, zum anderen aktuell keine Maskenpflicht für den gesamten öffentlichen Raum. Und was machen die Sarden draus?

Noch vor der Anreise gilt es online einen ausführlichen Fragebogen auszufüllen, der zum einen das aktuelle Befinden, zum anderen Reisen und Auslandsaufenthalte in den letzten zwei Wochen abfragt. Abgeschickt, gibt es einen QR-Code zurück, mit dem man sich bitte in der sardischen Version der Corona-App registrieren möchte und so die Bewegungen auf der Insel dokumentieren lässt. Ohne diesen QR-Code wird man übrigens nicht ins Land gelassen.

Am Airport wird Fieber gemessen – nicht individuell pro Person, sondern über Monitore mit „Wärmebildkameras“. Im Flieger – und hier sehe ich die größte Problematik der ganzen Reise – gibt es bis auf die Maskenpflicht keinerlei Vorkehrungen. Kein Sitz frei, nichts. Glücklicherweise war die Maschine auf dem Hinweg zu maximal 20% ausgelastet, was die Sache hier entspannt gemacht hat. Auf dem Rückweg über München – habe den Airport noch nie so verlassen erlebt – sieht das Ganze anders aus. Beide Maschinen sind fast voll ausgelastet. Again, kein Platz frei, nur die Maske. Das finde ich zum einen traurig, zum anderen etwas willkürlich, da andere Zusammenkünfte von ähnlich großen Menschenmengen rigoros reguliert und begrenzt werden. (Ja, die Luftzirkulation und der Austausch der Aerosole funktioniert hier viel besser, dennoch fühlt es sich komisch an)

Auf Sardinien angekommen wird man fast von Desinfektionsmittel-Spendern erschlagen und muss sich den Weg im Slalom durch die Aufsteller bahnen. Die mir bekannten und auch in Deutschland geltenden Regeln werden alle befolgt und so kommt man ohne anderen Menschen zu Nahe zu kommen raus aus dem Airport, rein in die Sonne.

Ein negativer Aspekt von Reisen mit Corona ist das Thema Mietwagen. Hier werden höhere Preise als im Freudenhaus aufgerufen. Der normale, durchschnittliche Tagespreis für einen Kleinwagen wie den Fiat 500 liegt statt der üblichen ~30€ bei ~85€. Pro Tag! Es wirkt, als versuche man die verpassten Einnahmen durch die ferngebliebenen Touristen jetzt an den paar Touris wieder reinholen, die sich auf die Insel trauen. Da kann man schlechte Laune bekommen. 

Bis auf diesen kleinen „Ausrutscher“ läuft es jedoch ab dem Betätigen des „Start Engine“-Schalters wie am Schnürchen. Und nach Vorschrift. Und so, wie man es sich wünscht und für die Situation angemessen erachtet. Ich zumindest. Die Kamikaze-Piloten auf den engen sardischen Straßen sehe ich eher als Opfer von maximaler Fahrlässigkeit, nicht von Corona.

Beim Hotel Check-In wird vor allen Formalitäten erstmal Fieber gemessen und nach dem Befinden gefragt. Hat man diese wirkliche überschaubar unangenehme Hürde genommen, ist alles im grünen Bereich. Und auch die extra an jeder zweiten Ecke angebrachten Desinfektionsmittelspender wirken auf mich eher umsorgend, aufmerksam und einfach völlig in Ordnung, nicht störend oder gar ein „zuhause bleiben“ rechtfertigend. 

Das gleiche Spiel wird bei jedem Restaurant-Besuch wieder gespielt – Fieber messen, Maske auf und Hände desinfizieren. Voll okay. I don’t get it, warum man sich darüber aufregen muss. Wer möchte – unabhängig von COVID – am Nachbartisch einen fiebrigen, ggf. ansteckenden Gast sitzen haben? Das dieser noch vor dem Betreten des Hauses nach Hause geschickt wird, finde ich voll in Ordnung. Allerdings habe ich mich auch schon in der Schule, im Studium und im Office massiv geärgert, wenn Mitmenschen mit Grippe o.ä. auflaufen und eine Ansteckung anderer in Kauf nehmen. 

Jetzt liege ich leider nicht mehr bei 38 Grad am Meer, muss aber rückblickend sagen, dass ich – den Flug vielleicht ausgenommen – an keinem der neun Tage auf Sardinien ein mulmiges, schlechtes Gefühl hatte, was das Thema COVID-19 und Sicherheit angeht. Hier kommt jedoch noch hinzu, das man sich auf Sardinien im Sommer fast ausschließlich draußen aufhält, was die Lagen nochmal zusätzlich entspannt – im Gegensatz zu Sylt. Und auch da hat alles vor fünf Wochen alles wunderbar funktioniert. 

Es ist noch nicht alles verloren. Bleibt gesund!

Achja: wenn beim einkaufen hunderte Menschen eine Maske tragen und dabei ihre Bewegungen tracken lassen für den Fall, das Covid zuschlagen könnte, und du tust das nicht, bist du nicht cool, sondern einfach unsozial. 

Author

Björn Bittner ist der Gründer von BJR Le Bouquet. Im Magazin beschäftigt er sich mit den Themen Premium-Kulinarik, Luxus und Lifestyle. Bon Vivant!

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