Natürlich ist die, alle zwei Jahre stattfindende, Millésimes Alsace der Hauptevent dieser wichtigsten Woche für die Weinregion Elsass. Hierfür reist Fachpublikum aus aller Welt an, um die aktuellen Weine der Erzeuger ins Glas zu bekommen, sich mit diesen auszutauschen und spannende Neuentdeckungen zu machen. Um diese Veranstaltung herum hat der Verband CIVA ein attraktives Rahmenprogramm gebastelt.
Alsace Crus & Terroirs (ACT) präsentieren Gewürztraminer
Die Vereinigung der ACT – Alsace Crus et Terroirs ist ein Zusammenschluss von 19 Weingütern des Elsass. Diese haben sich – wie soll es anders sein – ihrer Region verschrieben. Mit diesem kleinen, aber sehr namhaft bestückten Kollektiv versucht man, die Herkunft, das Terroir und die Elsässer Weine zu stärken. Dass das „Terroir“ im Namen auftaucht ist aufgrund der im Elsass vorherrschenden, einzigartigen Bodenbeschaffenheit kein Wunder. Schließlich kann oder muss man das Mosaik aus unterschiedlichen Bodentypen, als das besondere Alleinstellungsmerkmal der Region betrachten.
Ich war noch keine zwei Stunden im Land, da gab es schon Gewürztraminer 2.0 auf den Gaumen. Und zwar angefangen beim ultra frischen Kirrenbourg 2015er aus der Magnum, bis zur immer noch enorm Spaß bringenden 1985er Vendange Tardive von der Domaine Josmeyer.
Wie bereits erwähnt, tummelten sich hier auf kleinstem Raum große Namen wie Kreydenweiss, Zind-Humbrecht, Albert Mann, Ostertag, Weinbach, Trimbach und viele weitere, die je eine Rarität aus dem hauseigenen Archiv im Gepäck hatten. Und wie ich in meiner Elsass Einführung bereits erwähnte, hatte ich schon eine Reihe WOW-Momente, wenn ich solch gereifte Gewurztraminer probieren, verkosten oder trinken durfte.
Natürlich gab es bei den 19 Weinen den ein oder anderen Ausreißer nach oben und unten und natürlich hat mich der ein oder andere Wein mehr gepackt als andere, was aber das gesamte Feld angeht, kann man sagen: Gewürztraminer können und machen jung und frisch eine ganze Menge Spaß. Gerade aus den für diese Rebsorte prädestinierten Lagen bringen die Winzer fantastische Weine auf die Flasche. Weine die weit weg sind vom „belanglosen Rosenwasser“ und die voller Kraft, Finesse, Eleganz, Komplexität und Ausdruckskraft sind.
Für mich werden diese feinen Tropfen, wie so oft, mit mehr Reife noch feiner, noch spannender, noch besser und sind zwingend eine Probe wert. Auf dieser Verkostung fiel auf, dass vor allem die nicht trockenen Gewürztraminer, also Vendange Tardives und Selection de Grain Nobles, durch die Bank mehr strahlten als die trockenen Artgenossen, was nicht zuletzt eben dem Restzucker zu verdanken ist.
So waren meine Highlights der 2000er Lieu-Dit Bollenberg Vendange Tardive von der Domaine Valentin Zusslin, der 1995er Rangen Grand Cru Clos Saint Théobald von der Domaine Schofft, der 1988er Kritt Selection de Grains Nobles von Kreydenweiss und schließlich der älteste Gewürztraminer der Probe, die 1985er Vendange Tardive von Josmeyer aus der Grand Cru Lage Hengst – nicht zu vergessen sei der 1990er Trimbach. Warum? Zum einen ist 1990 mein Geburtsjahr und demnach eine besondere Freude für mich, zum anderen wurde mir der Wein von Anne Trimbach selbst eingeschenkt, was diesen Moment besonders machte. Das sollte an diesem Tag aber nicht das letzte Mal gewesen sein…
Riesling – I just love you
Als einer der Ersten stand ich für die Gewurztraminerverkostung vor dem Probenraum parat, wohlwissend, dass ich anschließend noch in die Altstadt Colmars muss. Denn dort sollte es Riesling geben, gereift. Mehr wusste ich nicht.
Das ich mir das als bekennender Rieslingliebhaber nicht entgehen lassen würde, war klar. So setzte ich mich ins Taxi und ließ mich Richtung Mekka – wie sich herausstellen sollte – kutschieren.
Die Verkostung fand im Veranstaltungssaal des Restaurant Koifhus statt, der mit hohen Decken, altem Parkett und atmosphärischem Lichteinfall die perfekte Lokation für diese phänomenale Probe war.
Je Winzer, gab es ausschließlich einen gereiften Riesling zu verkosten.
25 Winzer, 25 Weine, 25 mal Grand Cru, von 2000 bis 1964 zurück. Und was waren da für Sachen bei!
Beim Betreten des Raumes sah ich schräg gegenüber den guten Jean-Frederic Hugel, machte mich zu ihm durch und startete kurzentschlossen mit dem von ihm mitgebrachten 1997er aus der Magnum, der sich, wie zu erwarten war, mit dem berühmt-berüchtigten Maggy-Effekt präsentierte. So frisch, gar jugendlich, konzentriert, komplex mit enormer Trinkfreude. Was ein grandioser Start!
Da sich die Winzer von Süd nach Nord, entsprechend der Lage ihrer Domaine aufgestellt hatten, hatte ich mit Hugel bzw. dem Ort Riquewihr quasi genau in der Mitte gestartet und hatte die Qual der Wahl. Ich entschied mich für die Reise nach Norden und fuhr mit einer Reihe Weinen aus der Grand Cru Lage Schonenbourg fort. Den von Dopff Au Moulin präsentierten Schonenbourg aus dem „not so easy vintage“ 1999 sollte ich im Kopf behalten, denn ich würde während meines Elsass-Trips eine ganze Reihe verschiedener Jahrgänge eben dieses Weins probieren.
Wie oben erwähnt, sollte es nicht der einzige Wein von Trimbach sein, den ich an diesem Tag verkosten durfte. Es sollte auch nicht der einzige Wein von Trimbach sein, der aus meinem Jahrgang 1990 stammte. Und es sollte auch nicht der einzige Wein aus dem Jahr 1990 von Trimbach sein, den ich von einem Familienmitglied der Trimbachs eingeschenkt bekommen sollte. So stand kein geringerer, als Pierre Trimbach himself vor mir und schenkte mir keinen geringeren Wein als den 1990er Clos Ste Hune ein.
Wie geil war das denn?!
Ein Monument von einem Wein. Und ganz sicher einer der größten Rieslinge, die ich je trinken durfte und in Zukunft trinken werde.
Die Benchmark war somit schon recht früh gelegt. Nichtsdestotrotz, gab es eine Menge spannender Sachen zu entdecken. Spannend vor allem darum, weil es eine Reihe unterschiedlicher Lagen und Terroirs und so viele unterschiedliche Jahrgänge zu verkosten gab. So gab es neben den Strahle-Jahren, wie 1964 oder 1990, auch schwierige Jahrgänge, wie den dennoch herausragend dastehenden 1997 von Hugel oder 1999er von Dopff.
Diese Verkostung alleine war einen Trip ins Elsass wert. Die Weine waren durch die Bank in tollem Zustand, einige strotzten noch so vor Spritzigkeit und Frische.
Riesling kann einfach perfekt reifen. Und hier gab es 19 gute bis fantastische Argumente, die eben diese Aussage x-fach unterstreichen konnten.
Auch sehr sehr lecker: Wen zwischendurch der kleine Hunger plagte, der hatte die Möglichkeit sich auf die kleine „Käseinsel“ in der Mitte des Raumes zurückzuziehen, wo ausgesuchte, außerordentlich leckere Käsespezialitäten serviert wurden.
Auf der Domaine Josmeyer – Willkommen im Elsass
Wenn es solch spannende Weine gibt, wie an diesem Nachmittag und frühen Abend, kann es passieren, dass man als Letzter zur Willkommensfeier kommt. Zu dieser lud die CIVA in die Domaine Josmeyer ein. Es gab ein legeres und kulinarisches Meet&Greet. Ich bin ein großer Fan von Events auf einem Weingut, da diese eigentlich immer einen eigenen, besonderen Charme haben und mit entsprechender Begleitung auf dem Teller und im Glas die perfekte Grundlage für einen guten Abend sind. So auch hier.
Zu verkosten gab es die aktuellen Jahrgänge, vom 2014er Riesling Grand Cru bis zu den frisch auf die Flasche gebrachten 2017ern. Natürlich ein besonders starker Kontrast zu den gereiften, fantastischen Weinen des Nachmittags, aber andererseits eine gute Möglichkeit den Gaumen mit frischen Tropfen zu rekalibrieren.
Eine sehr schöne Idee: die Pinot Noirs wurden im Josmeyerschen Holzfasskeller, in direkter Nähe zu den Holzgebinden verkostet.
Gala-Dinner im Dominikanerkloster von Guebwiller
Nach einem langen, intensiven und anstrengenden, aber auch wahnsinnig spannenden und vielseitigen Tag auf der Millésimes Alsace, lud der CIVA am Abend zum mittlerweile traditionellen Gala-Dinner. Ein schönes Get-Together, bei dem man am Tag geknüpfte Kontakte vertiefen und neue erschließen konnte.
Das Dinner sollte dem Namen Gala-Dinner alle Ehre machen und fand in der historischen und wirklich überwältigenden Lokation des ehemaligen Dominikanerklosters der Stadt Guebwiller statt. Bereits der Empfang – natürlich klassisch von einem feinen Cremant d’Alsace begleitet – im sehr schönen, außerordentlich gut erhaltenen Innenhof des Klosters machte Laune auf einen kulinarischen Abend. Bei Flying Fingerfood von Rinder- und Lachstartar, Pastete und anderen Kreationen, der drei extra für das Dinner auserkorenen Köche, ließ man den Messetag Revue passieren, stieß auf der Busfahrt begonnene Themen nochmals an und warf einen kritischen Blick auf das Elsass, seine Weine und Winzer und was die vergangenen zwei Tage an neuen Erkenntnissen hervorgebracht hatten. Und natürlich was die Grand Cru-Tour am nächsten Tag wohl noch für uns bereithalten würde.
Das große Dinner mit über 200 Gästen, darunter natürlich die Winzer, aber auch ein bunt gemischtes Publikum aus der ganzen Welt, fand im alten Kirchenschiff des Klosters statt. Wunderbar einladend dekoriert, das neue VINS ALSACE-Logo dank mehrerer Beamer jederzeit präsent, störten lediglich die mit ausschließlich Eis gefüllten Weinkühler.
Wo war der Wein? Glücklicherweise wurde ich schon vorher aufgeklärt und war daher beruhigt. Die Winzer verteilten sich auf die einzelnen Tische und brachten für den ihren Tisch eine Auswahl der eigenen Tropfen mit. Immer an neuen Menschen und regem Austausch interessiert, verließ ich die deutsche Gruppe und nahm am „Dopff-Tisch“ platz.
Zu den drei Gängen der Lokalhelden Matthias Degouy aus dem Restaurant Les Alisiers, Joseph Leiser aus dem Auberge au Zahnacker und Philippe Gervasi aus dem Auberge du Neuland wurden weitere, ausgewählte drei Weine ausgeschenkt. Viel spannender war es jedoch zu sehen, wie die Winzer mit ihren Flaschen zwischen den Tischen hin und her hoppten, ihren Wein ausschenkten, andere Weine probierten und richtig Leben in die alte Kapelle brachten. Ich ließ mich da nicht lumpen, griff mir mein Glas, wanderte umher, probierte Weine und hatte eine Menge Spaß. Im Kopf blieb mir dabei ein Riesling von Schoffit aus 2007. Hätte man ihn uns blind serviert, hätten wir ihn im Leben nicht als Riesling identifizieren können. Maischestandzeit, mit Tanninen, mit leichter Oxi-Note – sehr, sehr abgefahren, aber enorm spannend.
Der Abend wurde von zwei Showacts abgerundet. Eine junge Pianistin, die den Soundtrack zu Disneys Spiderman komponiert hatte beeindruckte durch ein Pianokonzert, dass uns mit seinen Melodien verzauberte. Das Finale fand, einen schönen Bogen über den Abend spannend, wieder im Innenhof statt, wo nach Sonnenuntergang die abstrakte Visualisierung ENIGMA 2.0 über Beamer an die Wände des Atriums geworfen wurde. Schrill, abgefahren, außergewöhnlich.