Leiwen. Ein kleiner Ort an der Mittelmosel. Wie es das Schicksal wollte, verwurzelte sich eben dieser Ort zu Beginn des „Weinlifes“ tief in BJR.

Über die Grenzen Leiwens hinaus ist der Ort für feine Weine aus Top-Lagen wie der Leiwener Laurentiuslay bekannt. Der Ort brachte große Winzernamen hervor, die heute zur deutschen Elite gehören. Meine beiden ersten Besuche in Leiwen verbrachte ich bei eben solchen Weingütern, die mich zwar nicht versaut haben, aber doch die Messlatte für deutschen Riesling direkt hoch legten. So ging es zunächst zum All-Star Nik Weis, auf den St. Urbans-Hof. Er bringt jedes Jahr aufs Neue eine einzigartige Kollektion aus seinen Reben von Mosel und Saar auf die Flasche und bescherte mir einen unvergesslichen Tag.

Einer der weiteren Leiwener Stars ist Christopher Loewen vom Weingut Carl Loewen. Er mausert sich seit Jahren mit durch die Bank starken Weinen und ebenso starken Bewertungen der internationalen Kritik, zur neuen Elite im Lande. Auch hier, bei meiner 2. Station in Leiwen verbrachte ich einen ein tollen Tag.

Vielleicht war das ein Zeichen, vielleicht ein gutes Omen, vielleicht auch purer Zufall, dass es so kam wie es vergangenen Montag gekommen ist. In Leiwen gibt es ein Wochenende im Jahr, in dem Ausnahmezustand herrscht. Und es liegt nicht an einer hoch stehenden Mosel, sondern vielmehr an hoch stehenden Leiwenern – wait for it!

Jungwinzerprobe seit 1986

Die Weinprobe der Jungwinzer in Leiwen gehört seit 1986 zur gesetzten und unumgänglichen Institution im Ort. Es zieht nicht nur Menschen aus der näheren Umgebung an, auch Kölner und Düsseldorfer sind dabei. Traditionell gibt es zum Abschluss des jährlich stattfindenden Weinfestes die Jahrgangsweinprobe der Leiwener Jungwinzer. Mit konstant über 1000 Besuchern ist sie nicht nur sehr bekannt, sondern auch sehr erfolgreich.

Nur schwer konnte ich Senta dieses Ausmaß glauben, als sie mich fragte, ob ich dieses Spektakel von Probe moderieren möchte. 15 Weine, mehr als 1000 Gäste, wahnsinnige Stimmung und ein buntes Publikum vom Jungwinzer bis hin zum Ehrengast und selbstverständlich den Weinmajestäten. Mir war bereits nach wenigen Sekunden klar, dass ich dieses Angebot nicht ablehnen konnte – und auch nicht wollte.

Die 15 Weine kamen im Vorfeld zum Durchprobieren nach Hause und zeigten mal wieder: man kennt so viele Sachen nicht. Das ist keine neue Erkenntnis, dennoch immer wieder erfreulich – you never stop learning – und spannend. So möchte ich hier jedoch weniger auf die Weine selbst, als mehr auf die Veranstaltung im Ganzen eingehen.

Die vier Tage Ausnahmezustand in Leiwen begleitete ich aus sicherer Entfernung von der Nordsee und musste feststellen: die geben echt Gas, die Leiwener. Der abschließende Höhepunkt – man beachte, dass dieser am Montag! Abend stattfindet – stand dieses Jahr unter dem Motto Karl Marx – Das Riesling Kapital. Nachdem ich in Leiwen eintraf, zählte ich aus reinem Interesse erstmal die Anzahl der längs aufgebauten Tische, multiplizierte diese mit den Reihen und stellte fest: die meinen das ernst mit über 1000 Gästen!

Rang und Namen

Chris Loewen, Alex Loersch und Michael Stoffel hießen mich herzlich Willkommen, erzählten noch ein wenig von den vergangenen Jahren und versprachen mir einen Abend, wie ich ihn noch nicht erlebt haben sollte. Der Empfang der Ehrengäste fand dieses Jahr unter Aufsicht einiger in Anzug gekleideten und mit Headset ausgestatteten Beamten statt, die ein Auge auf die diesjährige Schirmherrin des Leiwener Weinfests – Bundesjustizministerin Katarina Barley – warfen. Ich traf sie im Plausch mit Herrn Carl von Schubert an, der zum diesjährigen Fest eine eigene Abfüllung aus dem Hause Grünhaus – Das Kapital – präsentierte. Hoher Besuch also! Sehr erfrischend war die Ausgelassenheit Barleys zu sehen, die kurzzeitig für einen Termin wegmusste, anschließend aber nochmal im Festzelt begrüßt wurde und entspannt mitfeierte.

Tatsächlich ist „feiern“ das Stichwort. Denn die Bühne und die Weinprobe wurden einfach gerockt. Mit Senta und Lisa Schmitt hatte ich zwei wunderbare Ladys an meiner Seite, die routiniert und einem Berg von Erfahrung durch den Abend navigierten. Nicht fehlen durfte beim diesjährigen Motto, Karl Marx persönlich, der in Gestalt von Youpie Hoffmann vor jeder meiner Weinkommentationen gekonnt ein typisch Marx’sches Sprichtwort zum Riesling rauskloppte und die Masse zum Jubeln brachte. Eine geniale Idee!

1370 Gäste bei einer Weinprobe – Ausnahmezustand!

Und die Weinprobe? Einfach einmalig! Von 50 jungen Damen und Herren wurden die Weine stets pünktlich in die Gläser der schließlich 1370 offiziell anwesenden Gäste – die Grauziffer ist definitiv noch größer – ausgeschenkt und ließen keinen Gaumen trocken. Diese Kombination aus einem mit wahnsinniger Stimmung aufgeladenen Publikum, einem super aufeinander abgestimmten Moderationsteam, knackigen Weinen und einer die Bude abreißenden Band ließ das Zelt kochen und hielt schon nach wenigen Weinen keinen mehr auf den Bänken. Es wurde zugeprostet, gesungen und getanzt und die Leiwener Weine verherrlichende Selfies an die eigens eingerichtete Riesling-Hotline geschickt, die den großen Screen speiste.

Was soll ich sagen? Mir ist Montag die Kinnlade heruntergefallen und auch heute macht sich ein Grinsen auf meinem Gesicht breit, denke ich an diesen Abend.

Ich möchte mich bedanken…bei den Organisatoren für das Vertrauen und diese wunderbare Möglichkeit, beim Publikum, das mich nicht besser hätte unterstützen und pushen können, bei ganz Leiwen, das jetzt ein Alleinstellungsmerkmal für mich inne hat. Wir sehen uns natürlich wieder. Auch im nächsten Jahr zur Probe. Hoffentlich als Moderator, sicher als Teilnehmer dieses phänomenalen Events.