Während meines Aufenthalts im Elsass, besser gesagt in Colmar, durfte ich wirklich eine Reihe beeindruckender Tage und Weine genießen. So gab es gereifte Gewürztraminer, Riesling-Raritäten, die mein Herz höher schlagen ließen, ein stimmungsgeladenes Willkommensdinner oder die Millésimes Alsace als Höhepunkt der Tage im Elsass.

Der CIVA, Verband der Elsässer Weine, hat sich alle Mühe gegeben, diese für die Region so relevante Woche eindrucksvoll zu gestalten. Sie stand ganz im Namen der hiesigen Weine und wurde mit breitem, informativem Programm geschmückt, um den Besuchern die „volle Dosis“ Elsässer Weine zu verpassen.

Ausflug in die Weinberge

 Am letzten Tag in und um Colmar ging es um den Ursprung all dessen womit wir uns so gerne und viel befassen. Die Weinberge. Denn das Elsass kann mit außergewöhnlichen Weinbergen aufwarten und ist deswegen seit Jahren international für eben diese Lagen bekannt.

Die bekanntesten sind natürlich die Grand Cru-Lagen, die ein besonderes Terroir, besondere Bedingungen für die Reben aufweisen und somit Weine außerordentlicher Güte hervorbringen können und sollen. Wobei es mir persönlich sehr wichtig ist, keinesfalls die Weine der Winzer zu vergessen die auch ohne als Grand Cru klassifizierte Lagen, rassige, terroirbetonte Tropfen auf die Flasche bringen.

Trotzdem haben Grand Cru-Lagen immer dieses besondere Etwas. Von oft einzigartigen geografischen Gegebenheiten bis hin zur Geschichte der Lage. Besonders wird es dann, wenn man diese Lagen mit den Winzern erkunden kann, die ihre Weine seit Generationen aus eben diesen Reben gewinnen.

Das Elsass bietet insgesamt 51 vom Institut National des Appellations d’Origine Contrôlées (INAO) als Grand Cru klassifizierte Lagen, die sich über die gesamte Region von Nord bis Süd erstrecken. Auch wenn der Fokus der 2018er Millésimes Alsace klar auf der Rebsorte Riesling lag und ist diese für Weine der AOC Alsace Grand Cru zugelassen, sind darüber hinaus noch weitere Rebsorten zugelassen. So finden sich auch Pinot Gris, Gewurztraminer und Muscat auf den Etiketten von mit „Grand Cru + Lagenname“ deklarierten Weinen wieder.

Goldert Grand Cru im Profil 

Die erste Station unserer Grand Cru-Tour – und das hört sich fast an wie eine der Königsetappen der Tour de France – war der Grand Cru Goldert in Gueberschwihr. Mit gut 45 ha ist der Goldert eine der größeren Grand Cru-Lagen und hat somit Platz, alle vier für Grand Cru zugelassenen Rebsorten unter seinem Namen zu vereinen. Im Goldert wachsen die Reben auf Kalkmergel. Auf einem Großteil der 45ha steht der beliebte Gewurztraminer (60%), die weitere Fläche der Reben teilt sich in Riesling (19%), Pinot Gris (11%) und Muscat (10%) auf.

Das Terroir im Goldert ist prädestiniert für den Gewurztraminer, was auch die prozentual große Anbaufläche im Berg erklärt. Reiche, tiefe und fruchtbare Böden auf der einen, die Ausrichtung der Lage nach Osten auf der anderen Seite erlauben den Trauben die volle, perfekte Ausreifung bis zur letzten Leseperiode des Jahres und versorgen die Trauben dennoch mit der notwendigen und so wichtigen Säure, die den Weinen Balance und Struktur verleiht.

Rangen Grand Cru im Profil

War der Goldert schon ein spannendes Fleckchen Weinberg, ging es anschließend in den – man vergebe es mir – für mich noch viel beeindruckenderen Weinberg, den Rangen. Bereits am Vorabend unterhielt ich mich, bei einem äußerst unkonventionellen 2007er Riesling aus den eigenen Parzellen des Rangen, mit Herrn Schoffit, der mir bereits im Vorfeld einen eindrucksvollen Nachmittag in und um den Rangen versprach. Und er sollte nicht zu viel versprochen haben.

Wir Deutschen sind bekanntermaßen verwöhnt von Steillagen und unsere Winzer bringen dort phänomenale Weine hervor. Der nach Süden ausgerichtete und als südlichste Lage des Elsass lokalisierte Rangen, braucht sich vor den Nachbarn jedoch keineswegs zu verstecken.

Die Historie des Bergs geht weit zurück, so wird er bereits im 13. Jahrhundert von den hier lebenden Mönchen als „heißester und gewalttätigster im ganzen Land“ betitelt. Er erhebt sich bis zu 450m über den Fluss Thur und wird mit seinem deutschen Namen „Kleiner Hang“ den 90° Neigung nur bedingt gerecht.

Eine ewige Historie und steile Hänge

90°, der Anbau auf Terrassen und die gesamte Beschaffenheit des Bergs verlangen dem Winzer hier besonders harte und akribische Arbeit ab. Sie wird jedoch vom besonderen Terroir der Lage in den Weinen belohnt. Mit seiner direkten Nähe zu den Vogesen profitiert er von Vulkangestein als wichtigem Bestandteil des Untergrunds. Dieses Gestein lässt die Wurzeln der Reben zum einen sehr tief in den Boden eindringen und speichert zum anderen die Wärme des Tages, um sie dann an die Reben abzugeben.

Die Trauben für die Weine aus dem Rangen erreichen erst spät ihre volle Reife. Verantwortlich dafür sind die außerhalb der Sommermonate recht kühlen Temperaturen und der häufige Regen. Ihre Reife und die Kraft, für die die Weine des Rangen so bekannt sind, geben ihnen die heißen Sommer- und überdurchschnittlich warmen Herbstmonate mit.

Spannenderweise können die Winzer im Rangen den Regen ziemlich genau vorhersagen, denn der Qualm eines Kraftwerks, das direkt auf der anderen Seite des Thur liegt, zeigt an „wann es knallt“.

Prädestiniert für Riesling

Wie auch auf der Millésimes Alsace liegt der Fokus im Rangen auf Riesling, wobei im Rangen auch Gewurztraminer, Pinot Gris und Muscat stehen.

Schoffit, dessen Favorit im Rangen klar der Riesling ist, erklärt weshalb. Zum einen ist Riesling eine spätreifende Traube, was den Konditionen am Rangen entgegenkommt.

Zum anderen herrschen im Rangen selbst für Elsässer Verhältnisse einzigartige Bodenverhältnisse, die sich gerade in den Rieslingen der Lage prächtig wiederspiegeln. Mit 6000 bis 10000 Reben pro Hektar ist die Rebendichte hoch, was den Konkurrenzkampf der Reben untereinander antriggert. So muss jede Rebe um ihre „Verpflegung“ oder Versorgung kämpfen und tiefer wurzeln als ihr Nachbar.

Da die vulkanischen Böden des Rangen nicht gerade für ihre Reichhaltigkeit bekannt sind, ist das Setzen neuer Reben hier von besonders heikler Natur. Im Umkehrschluss ist die Dichte an alten Reben, die zwar geringere Erträge hervorbringen aber dafür von besonderer Qualität sind, überdurchschnittlich hoch. Und natürlich kommt auch das den geliebten Rieslingen des Rangen zugute.

Nach dem Besuch der beiden Grand Crus während meiner Millésimes Alsace-Reise und auch den Grand Crus um Riquewihr mit Jean-Frederic Hugel im letzten Jahr, bin ich heiß auf weitere Berge und Erfahrungen im Elsass.

Die Ergänzung des Programms der Millésimes Alsace um die Grand Cru-Tour, die es wohl schon einige Jahre gibt, aber sicher niemals langweilig wird, gefällt mir sehr gut und zeigt, was alles dazugehört bevor die Weine schließlich auf der Messe präsentiert werden.

Für mich gilt das Gleiche wie immer: am meisten lernst du über die Weine einer Region, wenn du vor Ort bist, wenn du ihre Herkunft siehst, erlebst und anfasst, wenn du mit den Winzern sprichst und mit ihnen unterwegs bist.

Das war ich. Das habe ich. Herzlichen Dank!

BJRLeBouquet

Björn Bittner ist der Gründer von BJR Le Bouquet. Im Magazin beschäftigt er sich mit den Themen Premium-Kulinarik, Luxus und Lifestyle. Bon Vivant!

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