Spanien ist die Wiege einer Vielzahl außergewöhnlicher, großer und spannender Weingüter. Egal in welche Region man schaut, immer findet sich ein Weingut, das mit seinem Engagement für die Region und darüber hinaus heraussticht. Jede Region hat eigene Besonderheiten, ein eigenes Klima mit oft vielen Mikroklimata, individuelle Böden – also ein eigenes Terroir – und viele weitere Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt.
Natürlich bestätigen Ausnahmen die Regel, weshalb einige wenige Weingüter es schaffen, auch in verschiedenen Anbaugebieten erfolgreich zu sein. Oft erstrecken sich die Projekte über einen Radius von wenigen hundert Kilometern, andere hingegen von Süden bis in den Norden der iberischen Halbinsel. Und um eine solche Brand geht es heute. Spanien
González Byass – Aufbau einer Marke
Seinen Ursprung hat González Byass im tiefsten Süden Spaniens – in Andalusien. Hier wurde im Jahr 1835 wurde die Gruppe González Byass vom jungen Weinkaufmann Manuel María González ins Leben gerufen. Der Erfolg im Handel kam schnell, weshalb man sich als Team schnell dazu entschied in die Produktion einzusteigen, mehr Kontrolle über die Produkte zu haben und den Kundenwünschen besser zu entsprechen.
Die unter dem Namen “Tio Pepe” verkauften Weine aus Andalusien erregten schnell Interesse und wurden nur knapp 20 Jahre nach Gründung zum bekanntesten Fino der Welt. Bis heute sind die Sherrys von Tio Pepe zeitlos und enorm beliebt. Ein Besuch bei Tio Pepe ist also für jeden Andalusienurlauber ein Must!
1955 gründete das Unternehmen das erste private Zentrum für önologische Forschung in ganz Spanien, mit dessen Hilfe sie besser einordnen und verstehen konnten, welche Faktoren relevant für die Qualität eines Produkts waren. Im 20. Jahrhundert gesellten sich eine ganze Reihe weiterer Projekte unter die Fahne der González Byass-Familie, von Spirituosen bis Rioja und Cava.
Mit nun 14 Weingütern verteilt über den Globus ist es nur logisch, die hochwertigsten Projekte mit einem eigenen “Label” zu highlighten. Bei González Byass werden die fünf Weingüter Dominio Fournier, Blecua, Finca Moncloa, Secastilla und Pazos de Lusco unter dem Namen “Singular Estate Wines” zusammengefasst. Was diese gemein haben? Ihre Herkunft und ihre Authentizität machen sie zu individuellen Tropfen. Sie wachsen – wie es der Name schon erahnen lässt – auf Single Vineyards und haben einzigartige Klimata und Terroirs.
Im Rahmen einer Reise mit González Byass konnte ich mir zwei Weingüter der Brand ansehen und während der Lese einen Überblick über die Regionen, die Prozesse und natürlich die Weine verschaffen.
Secastilla – Garnacha zu Füßen der Pyrenäen
Dafür ging es zunächst in den wortwörtlich hohen Norden Spaniens, in den Ort Secastilla, nachdem auch das Weingut benannt ist. Die D.O. Somontano hat ihren Ursprung zu Füßen der Pyrenäen. Ihr Name bedeutet in etwa „unterhalb der Berge“. Kalte Nordwinde werden von der massiven Bergkette abgefangen und schützen so das Tal und die hier stehenden Reben. Garnacha ist im Hause Secastilla die Traube der Wahl und entspricht damit der DNA des Hauses. Die Trauben der alten – teils bis zu 80 Jahre alten – Garnacha-Reben wachsen hier auf sehr hügeligem Terrain auf bis über 700 m Höhe und werden bei voller Reife von Hand gelesen.
Das Flaggschiff des Hauses ist der Secastilla von den ältesten und höchstgelegenen Reben der ganzen Region. Hiervon werden gerade einmal 20.000 Flaschen pro Jahrgang auf die Flasche gebracht, von denen wir zwei Jahrgänge mit dem Winemaker im Weinberg verkosten konnten. Im Hintergrund die schneebedeckten Spitzen der Pyrenäen – gerade einmal 40 km trennen mich von der massiven Gesteinskette – und um uns herum die in einer Art Amphitheater angeordneten Garnachareben. Warum Amphitheater? Ganz einfach: die Ausrichtung zur Sonne.
2019 und 2016 stehen auf dem Tisch. Spannend: der 2018er Jahrgang ist der letzte veröffentlichte Jahrgang und wurde nach mehrfachem Verkosten entsprechend nach dem 2019er gelauncht. Ich finde die Reifung von Garnacha sehr spannend und von Anbaugebiet zu Anbaugebiet oft unterschiedlich. Der Schlüssel liegt hier natürlich in der Höhe, auf der die Reben stehen. Beide stehen sehr schön da, haben eine vielversprechende Säurestruktur und stehen voll im Saft. Der 2019er natürlich auf der fruchtigen Seite, wohingegen der 2016er bereits leicht angereift daherkommt. Würziger, fleischiger und verdammt gut zu öligen Tapas oder rustikaleren Fleischgerichten!
Auch die Verkostung des Blancos und Rosados beim “light lunch” im Weinberg wird schnell klar: schöne Solisten, aber gerade mit lokalen Gerichten und Tapas funktionieren die Weine ganz hervorragend.
Dominio Fournier – Am Ufer des Duero
Die zweite Station der Reise erreichen wir nach einem Transfer ins Herz der iberischen Halbinsel. Von Madrid aus geht es mit dem Vito in Richtung Penafiel, in Richtung Ribera del Duero. Ich hatte in den letzten Jahren bereits das Glück diese großartige Region und einige ihrer ikonischen Weingüter zu besuchen.
Das Ziel ist die 1960 gegründete Dominio Fournier, die seit 2019 zu González Byass gehört. Ein Spaziergang mit Winemakerin Marian Santamaría ist in diesem Herbst ein Traum. Die Sonne scheint, die Trauben der Buschreben wurden gerade erst gelesen, vereinzelt liegen noch zurückgelassene Trauben auf dem Boden, der nur so von Tennis- bis Handballgroßen Kieselsteinen gespickt ist. Eine große Weide ist das Wahrzeichen der Weinberge, die direkt hinter dem Weingut liegen. Ebenfalls direkt an die Rebflächen von Dominio Fournier grenzend ist das Wahrzeichen der Region – der Duero Fluss. Von gut 12 Meter Höhe kann man auf den für die Region und Rebflächen so wichtigen Fluss herabschauen. Selten war ich dem Duero so nah!
Die Reben stehen auf 22 Plots, die einzeln gelesen und ausgebaut werden. Die Jüngsten zwischen 3 und 9, die Ältesten über 60 Jahre alt. Handlese ist selbstverständlich. Die von der D.O. vorgeschriebenen maximalen Erträge werden hier nie erreicht, da der Boden “poor” ist, und die vielen alten Reben weniger ertragreich sind als junge Reben. Besonders spannend: man bedient sich neuester Technologie und bestimmt mithilfe von 180 Sensoren im Weinberg die Fruchtbarkeit im Berg um so strategische Entscheidungen treffen zu können.
Im Hause Dominio Fournier werden zwei Weine mit unterschiedlichen Qualitäten auf die Flasche gebracht. So wird zum einen die Selección mit 12 Monaten Reife in französischer und amerikanischer Eiche, zum anderen die Reserva mit 36 Monaten Reife in entsprechenden Gebinden vinifiziert. Bisher noch unerwähnt – der Ribera del Duero-Kenner wird es bereits wissen – sind beide Weine aus der Tinta de Pais-Traube – auch als Tempranillo bekannt.
Vergleicht man diese beiden und stellt sie zu einem klassischen Lunch in der Region, kann man sie wirklich als kleinen und großen Bruder bezeichnen. Wo die Selección ungestümer, etwas grober und mehr auf der schwarzen Fruchtseite rangiert, ist die Reserva komplexer, weiter, tiefer und kleinteiliger aufgestellt. Vor allem die Würze und die Balance am Gaumen spiegeln die mindestens 36 Monate Reife im Keller des Hauses. Aber: man braucht sie beide. Zu den Vorspeisen von Artischocke und Blutwurst steht die Selección großartig da. Kommt es zum für die Region typischen geschmorten Lamm in seinem eigenen Fett mit Salat, ist die Reserva mit ihrer kräftigen, aber eleganten Art ein sensationell guter Begleiter.
González Byass – more to come?
Wo ich nun bereits einen Einblick in die Brand González Byass und zwei der eigenen Projekte erhaschen konnte, wäre ein Blick in den Süden Spaniens für mich besonders spannend. Viele Jahre verbrachte ich meine Sommerurlaube in Andalusien, unweit von Jerez und den dortigen Bodegas für Sherry. Ein nur logischer Schritt, das nächste Mal Tio Pepe als historisches Weingut der Region zu besuchen, oder?
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