Die Hügel der Lombardei im Norden Italiens haben eine lange und aufregende Geschichte, gehören zu den malerischen Orten Europas und bringen mit dem Franciacorta einen Schaumwein von internationaler Klasse hervor.
Ein Blick auf die Karte verrät uns, dass die Lombardei ziemlich genau “oben in der Mitte” Italiens liegt und mit seiner Hauptstadt Mailand zu den renommierten internationalen Metropolen zählt. Setzt man sich ins Auto und fährt von Mailand eine Stunde gen Norden, kann man den Blick auf den Comer See und seine an den Seiten heranwachsenden Berge um die Stadt Como werfen. Eine unglaubliche Kulisse, die ich zuletzt 2018 erleben durfte und ich mir bis heute nicht ganz sicher bin, wann mir Como und der See besser gefallen – bei Tag oder bei Nacht im dunkeln liegend mit all den kleinen Lichtern um den See.
Nach einem Doppio zurück im Auto, geht es über die Autobahn in Richtung Bergamo, wo wir nun in die Welt und Region der Franciacorta eintauchen, die sich am südlichen Ufer des Lago d’Iseo erstreckt und als offizielles Gebiet der Franciacorta seit Jahrzehnten festgelegt ist.
Der Weinbau hat in dieser malerischen Gegend seit jeher Tradition und war bereits vor den Römern hier etabliert. Dabei könnte es viel schöner kaum sein. Die Region wirkt so malerisch wie im Bilderbuch und offenbart eine abwechslungsreiche, fruchtbare Landschaft, in der sich Wein- und Gemüsegarten, Olivenhaine und kleine Waldstücke abwechseln und durch kleine Hügel hervorgehoben werden.
Die Franciacorta liegt im sogenannten Moränen-Amphitheater. Amphitheater, die wir aus der römischen Antike kennen, haben einen flachen Innenteil, die Hänge von denen aus das Publikum den Gladiatoren zugejubelt und diese angefeuert hat sind rund um diese flache Ebene erhoben und bieten perfekten Blick auf das Geschehen. Einen ähnlichen Aufbau finden wir in der Franciacorta. Die Weinbauregion selbst, stellt diese Ebene dar und liegt, wie bereits erwähnt, südlich des Lago d’Iseo. Und das schon fast eingekesselt.
Von Süden schließt der Monte Orfano, von Osten die Erhebungen Monticelli Brusati, Ome und Gussago und von Westen der Monte Alto die Ebene ab.
Die Böden der Franciacorta sind moräner Natur, also Ablagerungen von Gletschern aus einer anderen, vergangenen Zeit. Dadurch ist der Boden sehr divers und ist reich an Sand und Schlick, dick und besonders durchlässig. Dabei lassen dich die Böden nicht wirklich nach Lagen oder Parzellen einteilen, sondern sind recht chaotisch zusammengewürfelt und weisen keinerlei Muster auf.
Klimatisch ist der Iseosee ein prägender Faktor für die Franciacorta. Das Klima ist voralpin und wird sowohl während der meist schwülen, warmen Sommer und den kühlen Wintern – kühle Einflüsse kommen vom Valcamonica aus Norden – durch den See gemäßigt.
Nachdem wir nun einen gewissen Einblick in die Region Franciacorta erhalten haben und uns vor dem inneren Auge vorstellen können wie es dort aussieht und was die Region ausmacht, stellt sich natürlich die Frage: Was genau ist dieser Franciacorta?
Franciacorta ist der erste in Italien abgefüllte Schaumwein, der nach dem traditionellen Flaschengärungsverfahren – der Metodo Classico oder Metodo Tradizionale – hergestellt wurde. Er zählt nicht nur zum hochwertigsten Schaumwein Italiens, sondern erfreut sich auch großem internationalen Renomée und sollte in keiner internationalen Schaumweinprobe fehlen. Da er für exzellente Qualität und Verbundenheit mit seiner Herkunft steht, erhielt der Franciacorta 1995 das DOCG – Denominazione di Origine Controllata e Garantita – Siegel, welches für die kontrollierte und garantierte Herkunftsbezeichnung des Franciacorta steht. Nur die hochwertigsten, regional authentischen Produkte einer Gegend erhalten dieses Gütesiegel der in Italien höchsten Qualitätsstufe.
Der edle Schäumer darf laut Regularien nur aus drei Rebsorten hergestellt werden: Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Blanc. Wenn der Winzer für sich am Ende der Vegetationsperiode dafür entscheidet das die Trauben reif sind, müssen diese ausschließlich per Hand gelesen werden – eine maschinelle Lese ist nicht erlaubt. Im Anschluss wird dem Grundwein nach rund sieben Monaten Hefe zugesetzt, dieser dann auf Flaschen gefüllt und dann mindestens 18 Monate auf der Hefe liegen gelassen. Hier geht ganz klassisch die zweite Gärung von statten, was dem ganzen Prozess eben den Namen Metodo Classico gibt.
Diese 18 Monate auf der Hefe ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass der Franciacorta später auch wirklich Franciacorta genannt werden darf. Sollte es ein “Millesimati” sein, also ein Franciacorta, bei dem alle Trauben aus einem Jahrgang kommen, muss dieser mindestens 30 Monate “liegen bleiben”. Die Riserva setzt dem Ganzen noch einen auf und fordert vom Winzer ganze 60 Monate geduld, bis dieser seinen Schaumwein als Franciacorta Riserva deklarieren und verkaufen darf.
Da ist der Rosé, der sich natürlich großer Beliebtheit erfreut. Dieser wird aus den klassischen, in Franciacorta zugelassenen Rebsorten vinifiziert, muss dabei aber mindestens 25% Pinot Noir beinhalten. Der Farbton bzw. die Intensität der Rosé-Farbe lässt sich dabei über die Dauer steuern, die die Trauben auf der Maische stehen. Die Franciacorta Rosés stehen dank des Anteils des Pinot Noir mit besonderer Struktur und Kraft da und zeigen oftmals Aromen von roten Beerenfrüchten.
Ganz ohne Pinot Noir, also ausschließlich aus Chardonnay oder Pinot Blanc gekeltert, wird dagegen der Satén. Dieser “Blanc de Blancs” – also “Weißer aus Weißen (Trauben)” kommt ganz ohne roten Trauben aus und kommt als sehr feiner, weicher und eleganter Franciacorta daher.
Beide, Satén und Rosé, müssen mindestens 24 Monate auf der Hefe verbringen, bis sie den Namen Franciacorta tragen dürfen.
Das die Italiener gerne essen und trinken ist kein Geheimnis, was auch einer der Gründe ist warum man sie lieben muss, nicht wahr? Wenn man dann noch die Möglichkeit hat die lokalen, aber auch internationalen Speisen mit einem Franciacorta zu kombinieren, kann man sich überall auf der Welt ein Stück Franciacorta nach Hause auf den Esstisch und ins Glas holen.
Generell bin ich jemand, der guten Schaumwein zu wirklich allem trinkt. Immer. Dennoch kann man, wenn man sich mit den unterschiedlichen Typen von Franciacorta und ihren unterschiedlichen Geschmäckern auseinandersetzt, einige besonders spannende und passende Kombination finden.
Hier wird keine Dosage hinzugegeben, sodass der Franciacorta ohne Zucker auskommt. Der Geschmack ist entsprechend trocken, genauer gesagt der trockenste aller Franciacortas. Ich liebe diesen Stil, da er sehr puristisch ist und sich wirklich auf die Trauben, das Terroir und die Handschrift des Winzers beschränkt. Müsste ich mich entscheiden, würde ich einen naturherben Franciacorta zunächst als Aperitif servieren. Er “reinigt” den Gaumen für das, was noch kommen mag und macht sowohl durstig als auch hungrig! Ich persönlich genieße einen “Dosage Zero” auch gerne durch ein ganzes Menü und beobachte, wie sich der puristische Sprudler mit den unterschiedlichen Geschmacksnuancen und Aromen verändert und mit diesen harmoniert.
Etwas “süßer” – oder besser gesagt weniger trocken – wird es mit dem Extra Brut. Hier sind bis zu 6g Zucker auf den Liter Franciacorta erlaubt, wobei “süß” hier natürlich nur in Relation zum Dosage Zero zutrifft. Nach wie vor sind wir hier sehr trocken unterwegs. Verkostet man einen Extra Brut jedoch bei Tisch wird schnell klar, das dieser ein wunderbarer Begleiter für eine ganze Reihe an Gerichten ist. Ich persönlich greife beim Extra Brut immer gerne zu Seafood. Genauer gesagt besuche ich den Meeresfrüchte-Handel meines Vertrauens und decke mich für einen erfrischenden Lunch unter dem Sonnensegel ein. Was darf nicht fehlen? Zum einen natürlich Austern und Crevetten – bitte in dieser Reihenfolge. Im Anschluss darf es gerne ein geangelter Fisch aus dem Mittelmeer sein, der auf dem Grill mit etwas Öl und ein paar Kräutern denkbar einfach daherkommt, in Kombination mit dem Franciacorta allerdings super funktioniert. Wer es deftiger mag, darf natürlich auch gerne zu etwas anderem, vielleicht fleischigem greifen!
Der Klassiker unter den Schaumwein-Geschmäckern. Jeder kennt den Schriftzug “Brut” auf dem Label eines Schaumweins, welcher verrät, dass der Franciacorta trocken ist. Hier sind bis 15g Zucker auf den Liter erlaubt, was ihn körperreicher macht, aber für das Thema Food-Pairing dadurch noch ein wenig affiner. Zwar lässt auch er sich sehr gut zum Aperitif reichen – hier und da sind die beiden sehr trockenen Varianten zu speziell als Solist – dennoch würde ich hier einfach meinem Gusto freien Lauf lassen und mich durch die italienische Küche kochen.
Ob ein klassisches Risotto Milanese oder ein Spargelrisotto. Ob eine typische Antipasti-Platte mit Salami, Schinken, Oliven und Tomaten, ob eine hausgemachte Lasagne mit Béchamelsauce oder eine mit Schleie gefüllte Ravioli. Genauso gut kann man zu Gegrilltem greifen und ein wenig mit den Röstaromen spielen. Fisch oder vielleicht Schwein? Mit einem Franciacorta Brut ist wirklich fast alles möglich!
Eine weitere Facette des Franciacorta spielt sich im Zuckergehalt zwischen 12 und 50g pro Liter ab. Hier geht es weg vom trockenen und es wird nun tatsächlich süß und süßer. Zwar bin ich ausgesprochener Fan der trockenen Qualitäten, dennoch sollte erwähnt werden das diese Qualitäten oft Anklang finden und auch gut zu gewissen Speisen gereicht werden können. Wer trockenen Franciacorta nicht so mag wie ich, sollte die eher süßeren Varianten als Aperitif versuchen! Geht es dann in die Küche, ist man recht frei von Konventionen.
So kann zu einem gehaltvolleren Franciacorta mit höherem Zuckergehalt – Extra Dry und Sec – eine üppige Seafoodpfanne mit viel Öl und Kraft gut passen. Generell sollten hier Gerichte serviert werden, die mit intensiven Aromen und auch einem gewissen Maß an Fett daherkommen.
Ob Nudelgerichte oder Pizzavariationen, eine gehörige Portion Käse oder gar eine Quattro Formaggi – wessen Kraft durch die Frische des Franciacorta gekonnt gepuffert wird – wäre hier ein gelungenes Pairing. Eine klassische Taleggio-Tarte, die mit einem Gemüse verfeinert wird macht sich als Partner zum Franciacorta Sec besonders gut. Für die Käseliebhaber: Generell sollten harte, würzige Käsesorten nicht fehlen!
Wird es dann ganz süß, also Demi Sec, greift man mit Panettone oder Pandoro klassisch zum italienischen Dessert oder genießt den süßen Sprudler zum wirklich kräftigen, pikanten Käse.
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