“Ja ist denn heut’ scho Weihnachten?!” sagte bereits der Kaiser Franz Beckenbauer. Tatsächlich ist es nicht mehr allzu lange hin. Die dunkle Jahreszeit ist längst da, hier und da findet sich die erste Weihnachtsdekoration in den Verkaufsflächen und ganz allmählich muss man sich Gedanken machen. Gedanken, wo man die Feiertage verbringt und mit wem. Gedanken, was man den Liebsten schenkt. Gedanken – da spreche ich für mich und wohl jeden anderen Genuss-, Koch- und Weinbegeisterten – was es Leckeres auf den Teller und in die Gläser gibt. Fragen, die man sich jedes Jahr aufs Neue stellt.
Und auch wenn Oma und Opa mal wieder ein Buch, der Vater eine Kiste Wein oder Olivenöl und die Mutter den obligatorischen Spa-Gutschein bekommen, ist zumindest bei der Weinauswahl alles möglich.
Die dunkle Jahreszeit – das sind nicht nur die Weihnachtsfeiertage und Silvester. Dazu gehören auch die Tage zuhause, im Kreise der Lieben vor dem Kamin, mit einem guten Buch und eben einem Glas Wein. Oder zwei.
Dass die Welt der Weine unendlich und die Möglichkeiten mehr oder weniger unbegrenzt sind, habe ich hier im Magazin schon an vielen Stellen erwähnt. Ich persönlich beobachte dennoch – sowohl bei mir als auch bei den werten Weintrinkern da draußen – gewisse eingespielte Muster im Glas, die sich alle Jahre wiederholen. Daran ist überhaupt nichts schlimm oder problematisch. Außer der Tatsache, dass man hier und da einen spannenden Wein übersieht und eben nicht öffnet, der womöglich wunderbar als Aperitif vor dem Weihnachtsbaum, zum Zwischengang oder der festlich und mit viel Arbeit vorbereiteten Hauptspeise passt.
Um diese klassischen Muster einmal aufzubrechen, gibt es nun vier Weine, die es sich lohnt zu probieren und den Gästen zu präsentieren. Dabei bewegen wir uns im Heimatland der fermentierten Trauben – Frankreich.
Szenario 1: Die Gäste kommen
In der Festive-Season, damit meine ich die Feiertage im Dezember, gibt es diverse Anlässe, um Freunde oder Verwandte zu empfangen. Ob zum Fest, an den Feiertagen oder einfach um an den dunklen Tagen schöne Stunden gemeinsamen zu verbringen. Selbstverständlich – das sage ich als großer Schaumwein-Fan – darf da eine Flasche Bubbles zum Start nicht fehlen. Blanc oder Rosé? Warum kein Rosé? Ein Hauch mehr Frucht und entsprechend Fruchtsüße belebt den Gaumen und schmeckt in der Regel Männlein und Weiblein gleichermaßen. Der Crémant de Bourgogne Vive La Joie Rosé von Bailly Lapierre wäre da die passende Flasche. Wie der Name schon sagt, kommt der trockene Crémant – die französische Bezeichnung für Schaumwein – aus dem Burgund. Der Rosé kommt mit einem Großteil Pinot Noir und einem kleinen Teil Chardonnay daher und wird nach Ausbau im Edelstahltank drei Jahre auf der Feinhefe gelagert, was ihm mehr Struktur und Komplexität verleiht. In der Nase finden sich zunächst Brioche und Mandelnoten, die von roter Kirsche, Himbeere und roter Johannisbeere ergänzt werden. Am Gaumen ist der Crémant herrlich erfrischend, sehr harmonisch beisammen und animiert, ein weiteres Glas einzuschenken.
Übrigens: Auch wenn man nie einen Wein oder Schaumwein nach der Optik aussuchen sollte, ist der Vive La Joie Rosé wirklich ein Hingucker auf dem Tisch!
Szenario 2: Die Vorspeise
Der Aperitif wurde gereicht und langsam knurrt der Magen – eine Szene, die sich bei mir jedes Jahr aufs Neue abspielt. Zumindest seit ich nicht mehr ganz so heiß auf die Pakete unter dem Weihnachtsbaum bin.
Da zum Hauptgang oftmals Fleisch in unterschiedlichster Form gereicht wird, bereite ich gerne einen kalten Fisch- oder Meeresfrüchtegang als Vorspeise. Ob Jakobsmuschel, Lachs oder Crevettes – bei dieser Art von Produkten muss es ein Weißer sein. Im letzten Sommer habe ich viel ausprobiert und einen wahnsinnig spannenden Weißen aus dem Luberon im Süden Frankreichs entdeckt. Der Inventa “Les Vallons” von Marrenon ist eine Cuvée aus Vermentino und Grenache Blanc und bringt eine Art von Mittelmeer-Flair ins Glas, was auch der Grund ist, weshalb ich ihn gerne mit Fisch paire. Die Trauben werden hier – im herrlich sonnenverwöhnten Luberon – im Oktober gelesen und nach der Vinifikation für drei Jahre in französischen Barriques gereift, was dem Inventa Komplexität, Struktur und Aromen verleiht. In der Nase präsentiert er sich mit saftigem rotem Apfel, Pfirsich, Quitte und feinem Salzkaramell. Vom Ausbau in französischer Eiche gesellen sich Rauch, Zigarrenkiste und feine Vanille hinzu. Am Gaumen ist der Inventa saftig und rund, hat jedoch ausreichend Säure, um Lust auf das nächste Glas zu machen.
Übrigens auch wunderbar zu gegrilltem Fisch!
Szenario 3: Welches Fleisch zum Hauptgang?
Beim beispielsweise Weihnachtsessen steht meistens der Hauptgang im Vordergrund. Ich freue mich bereits Ende des Sommers auf die erste Gans des Jahres, die meine Mutter seit über zehn Jahren traditionell immer “als Test” einmal im November auf die Teller bringt. Wenn diese mundet, was sie in der Regel tut, gibt es sie an Heiligabend zum Hauptgang. Doch die Möglichkeiten und Traditionen sind breit gefächert und so reicht der Hauptgang von Gans oder Ente über Rind und Schwein bis hin zum Fischgang. Nicht zu vergessen die Bockwurst mit Kartoffelsalat. Und geht es um den Wein, so wird in aller Regel Rotwein eingeschenkt. Am häufigsten wird dabei wohl in das Bordeaux- oder Burgund-Regal gegriffen. Doch Frankreich ist groß und hat jede Menge zu bieten.
Manchmal noch unter dem Radar sind die Weine aus Südwestfrankreich, unweit von Bordeaux. Zum Must-Try der Region gehört der Côte Abeilles von der Cave de Crouseilles aus der AOC Madiran. Die Cuvée aus 90% Tannat und 10% Cabernet Sauvignon aus dem Jahr 2016 ist jetzt leicht angereift und kann sich so voll im Glas entfalten. Tannat kommt ursprünglich aus dem franzözischen Teil des Baskenlands am Übergang zwischen Spanien und Frankreich und steht wie keine andere Rebsorte für die AOC Madiran. Im Glas ist der Côte Abeilles fast schwarz und präsentiert die typischen Aromen von schwarzer Frucht. Hier finden sich schwarze Kirsche, Brombeeren, schwarze Johannisbeere und dunkle Pflaume. Dazu gesellen sich Pfeffer, etwas Paprika, getrocknete Gewürze und Tabak, Rauch und feine Vanille vom Ausbau in französischer Eiche. Natürlich ist da Kraft und Druck, aber auch eine gute Säurestruktur, die ihm mit den reifen Tanninen auch das Potenzial für Lagerung einräumt. Das Finish ist lang, dicht und sowohl dunkelfruchtig wie auch würzig.
Der Côte Abeilles ist ein kraftvoller, aber dabei eleganter Roter aus dem Südwesten Frankreichs. Das vermittelt die sehr differenzierte Nase, der schmeichelnde Gaumen und nicht zuletzt die Burgunderflasche, die ihm noch einen gewissen festiven Spirit verleiht.
Szenario 4: Frohes Neues Jahr!
So wie man anfängt, soll oder kann man auch aufhören. Dass hochwertiger Schaumwein nur etwas für Feiertage, Geburtstage oder Silvester ist, ist einer der großen Fehler, die man machen kann. Schaumwein verkörpert für mich das Leben wie kaum ein anderes Getränk und da wir nicht nur an Feiertagen leben, gehört regelmäßig eine Flasche Schaumwein geöffnet – lieber zu oft als zu selten. Dennoch kommen wir an Silvester nicht drumherum einen Korken (leise) knallen zu lassen.
Für den Jahresübergang wandere ich nochmal ins nördlich gelegene Burgund mit seinen Crémants de Bourgogne. Zu diesem doch festlichen Tag greife ich zum Crémant Brut Victorine de Chastenay aus dem Jahrgang 2013. Ähnlich dem Rosé war auch dieser Millesimé für drei Jahre auf der Flasche. Der Jahrgangs-Crémant darf ausschließlich aus Trauben des Jahrgangs 2013 hergestellt werden und vermählt in der Flasche die Rebsorten Chardonnay, Pinot Noir, Gamay und Aligoté, die allesamt im Burgund beheimatet sind.
Nach dem Einschenken präsentiert sich eine komplexe Nase mit Aromen von Brioche, floralen Noten von weißen Blüten, Birne, Zitrusfrucht und ein Hauch roter Frucht. Am Gaumen kommt er – typisch für das Burgund – sehr mineralisch daher. Frucht, Körper und Säure sind angenehm ausbalanciert und machen Spaß auf mehr.
Gründe für Crémant de Bourgogne? Die gibt es satt. Denn der Crémant aus dem Burgund ist auf dem Vormarsch. Bereits 10 % macht der Anteil an der gesamten Weinproduktion des Burgund aus, mehr als doppelt so viel wie noch vor 15-20 Jahren. Des Weiteren steht Crémant de Bourgogne für Qualität: Die Winzer haben genaue Vorgaben, nach denen sie ihre Schaumweine vinifizieren dürfen. Dazu gehört der maximale Ertrag, die Reifezeit auf der Feinhefe – für einen Millesimé mindestens 36 Monate – oder die Pflicht der Handlese.
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