Statements. Purismus. Raffinierte Küche. Ich war echt traurig, als mich diese Nachricht von der Tarterie erreichte. Nach mehr als sechs Jahren war Schluss. Vorerst. Eigentlich nur für vier Wochen, denn solange dauerte der Umbau der Tarterie.Seit nunmehr vier Wochen, die Neueröffnung war am 04.08.2017, erstrahlt das kleine Restaurant in der Paul-Roosen-Straße auf St.Pauli in neuem Glanz – ohne dabei seinen alten Charme verloren zu haben. Geradliniger, edler, vielleicht etwas erwachsener kommt das Restaurant nun daher. Das Sammelsurium an verschiedensten Stühlen, die sich vor der Umfirmierung um die kleinen Tische platzierten sind einem einheitlichen Stil gewichen. Auch die alte Holz-“Küchenplatte”, der nach wie vor offenen Küche, ist verschwunden dort ist eine neue, die nun in strahlendem weissen Stein glänzt und alle Blicke auf sich zieht. Nach herzlicher und freundlicher Begrüßung von Lutz und Fabio ging es an den Platz direkt neben der besagten offenen Küche, wo die gewohnt minimalistischen, aber alles sagenden Menükarten auf den Gast warten. Kein SchiSchi, nur Statements.Und genauso präsentiert sich das erste Menü im neuen Hæbel: Kartoffel & Quark Kabeljau & Sauce Vierge Steinpilz-Ravioli & Kirschen Schwein & Aprikose Stachelbeere & Holunder oder Blauschimmel & Knäckebrot Statements eben. Mit Fokus auf regionalen Produkten und Zutaten.Zum Start gab es “selbstgemachtes Brot und Wasser”, was mir zeigte, dass man hier komplett geerdet oder besser – genordet – ist. “Was macht der da mit der Artischocke?”, fragte ich mich, als Koch Tim John Frontzeck ganze Artischockenherzen vom Herd nahm und wie eine Blume auf dem Teller anrichtete. Als Amuse servierte er ein Artischockenherz, gekocht im eigenen Sud mit Kräutern. Die Art und Weise der Anrichtung ist einfach charmant, genauso wie die Idee dahinter. “Einfach die Blätter abziehen und ‘n bisschen naschen” – schmeckte genial. Es folgte ein Klassiker wie bei Mama zuhause. Kartoffeln mit Quark. Super einfach, aber genial. Immer. Serviert auf Stroh, die Kartoffel mit tollem Eigengeschmack – noch eine richtige Kartoffel – und der Quark saftig frisch. Der Gang Kabeljau mit Sauce Vierge, zu deutsch: reiner Soße, verheimlichte auf dem Menü, dass ein großzügiger Löffel Kaviar den Gang topped – wortwörtlich. Die Soße war puristisch, lecker und passte perfekt zum saftigen Kabeljau. Genial waren die Kapern, welche dem Ganzen eine weitere Dimension in Sachen Struktur und Geschmack gaben. Insgesamt super stimmig und hervorragend abgeschmeckt. Vielleicht mein Lieblingsgang aus dem aktuellen Menü war Steinpilzravioli mit Kirschen. Der Raviolo war on point und wurde von der Säure der Kirsche genial ergänzt. Abgerundet wurde das Gericht mit Haselnusskernen und Parmesan, wobei die Haselnüsse dem Gang Textur und der Parmesan Würze mitgeben. Bombe! Schwein & Aprikose – klar, mache ich zuhause auch des Öfteren. Nicht. Eine spannende Kombination, die auch wieder von ihren Produkten und deren Qualität lebte. So hatte das Schwein eine unglaublich feine Struktur und ließ in eben dieser Kombi mit Aprikosen und gedünsteten Zwiebeln keinerlei Wünsche offen. Außer vielleicht den Gang zu wiederholen! Als großer Käseliebhaber entschied ich mich für Blauschimmel & Knäckebrot. Der Käse wurde mit dem Löffel angerichtet, weil er so wunderbar cremig war. Das Knäckebrot, anders als man es kennt, war dafür viel geschmacksintensiver und kerniger und die Heidelbeeren anbei schlossen ein sehr spannendes, klares und stimmiges Menü perfekt ab. Fast. Ein Glas später beobachtete ich Fabio beim anrichten von Stachelbeere & Holunder und er antiziperte direkt: “Noch n Dessert oder was?” – “Och, du…”. Also gab es noch etwas Mandelkuchen mit eingelegten Brombeeren, Holundereis und warmer Mandel-Honig-Milch. Und ja, es schmeckte noch besser als es aussah. Was ein geniales Dessert! Wärme, Kälte, Textur, Frucht und Säure – unfassbar gut! Ein tolles Menü. Beim Betreten des Hæbel weißt du, was Fabio mit seinem Team hier vor hat. Und genau das zieht er konsequent durch. Hier gibt es pures Vergnügen auf den Gaumen – pur! Keine unnötigen Spielereien, nichts überladenes. Nur eine raffinierte Küche mit frischen Zutaten und hochwertigen, lokalen Produkten, die aber auch nicht mehr brauchen, als sich selbst und das Händchen von Fabio oder Jan! Der Service von Lutz ist wie auch schon in der Tarterie tadellos. Super freundlich, zuvorkommend, aufmerksam – man fühlt sich einfach gut aufgehoben. Und das ist auch ein Teil dieses Hæbel. Der Gast fühlt sich einfach wohl. Will sitzen bleiben. Will wiederkommen. Und genießen.Was ich an dem Abend immer wieder beobachtete, war wie genial dieses Team zusammenarbeitet. Klar, Fabio und Jan kochen. Lutz ist am Gast. Aber wenn einer gerade busy ist, springt der andere ein. Egal wie und wo. Und da spühlt Lutz auch mal Teller und Fabio macht den Service. Und das ist so sympathisch! Bevor ich euch nun einen Tisch reservieren lasse, noch kurz zur Weinkarte.Da ist für wirklich jeden was dabei – ob Genusstrinker oder Liebhaber.So empfiehlt sich zum Start der kernige Dufour par Charles “Les Instantanes” Brut Nature mit nussigen Noten, Zitrusfrucht, getrockneten Früchten und spielender Säure.Wer gerne Riesling trinkt ist bei Kai Schätzels Pettenthal oder einem Kabinett aus der Wehlener Sonnenuhr von Markus Molitor an der richtigen Adresse. Auch dem Burgunderherz wird hier warm und es lässt sich von einem starken und sehr fair kalkulierten Santenay Clos de Hâtes von Hubert Lamy verwöhnen.Aber auch abseits der bekannten Namen und Rebsorten findet sich hier und da, nicht zuletzt herrührend von Fabios Interesse an biodynamischen Weinen, eine Reihe an leckeren Tropfen, die man nicht überall bekommt. Ich freue mich schon auf meinen nächsten Besuch im Hæbel. Das HæbelPaul-Roosen-Straße 31, 22767 HamburgÖffnungszeiten: Mittwoch bis Samstag, 18-22 UhrReservierungen: eat@haebel.hamburg Ich soll in dein Restaurant kommen?Mail mir an info@bjrlebouquet.com.

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Björn Bittner ist der Gründer von BJR Le Bouquet. Im Magazin beschäftigt er sich mit den Themen Premium-Kulinarik, Luxus und Lifestyle. Bon Vivant!

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