“Name your Top 5 Champagnes for everyday!”
Diese gute und äußerst berechtigte Frage wird mir seit Jahren wöchentlich, teilweise sogar täglich gestellt. Und natürlich ist dies eine Frage, auf die es aufgrund der unzähligen Winemaker in der Champagne tausende von individuellen, subjektiven Antworten gibt. Grenzt man diese immense Auswahl jedoch ein und bezieht die Faktoren Preis und Verfügbarkeit mit ein, fallen oft immer wieder dieselben Namen.
Einer dieser Namen ist für mich immer und ohne Ausnahme dabei: Charles Heidsieck. Vor einiger Zeit durfte ich die Maison Champagne Charles Heidsieck in Reims besuchen und fühle mich seitdem eng mit dem Haus verbunden. Warum? Die Menschen vor Ort mit ihrer beeindruckenden Winemaking-Expertise und natürlich die Qualität der Weine, die man hier Jahr für Jahr auf die Flasche zieht.
Doch von vorne. Den Anfang der Geschichte um die Maison Charles Heidsieck machte – wie doch so oft – ein Deutscher. Und zwar der deutsche Florenz-Ludwig Heidsieck, der das Haus “Heidsieck und Söhne” im Jahr 1775 gründete. Einige Jahre später war es dann wirklich Charles, genauer gesagt Charles-Camille, der Champagner nach seinen eigenen Vorstellungen kreieren wollte und das kleine Champagnerhaus Charles Heidsieck gründete.
Warum klein? Einige viele Häuser produzieren zig Millionen Flaschen jährlich, wohingegen Charles mit rund 65 ha und knapp 1,2 Millionen Flaschen sinnbildlich eher in der Kategorie “Boutique” als “Big Player” rangiert.
Ein spannender Teil der Charles’chen Geschichte, der dem Haus auch international großes Renomée eingeräumt hat, war die frühe Orientierung nach Nordamerika. Als mutige Unternehmerseele und erster aller Produzenten überhaupt erkannte Charles die zukünftige Relevanz des nordamerikanischen Marktes und reiste selbst mehrfach nach Übersee, um seine Cuvées bei Händlern und auf Messen zu präsentieren. Dass die Weine sowohl im Handel, als auch auf professionellen Verkostungen großen Anklang fanden und mit hohen Bewertungen bepreist wurden, erzeugte schnell Nachfrage auf internationalem Niveau und machte die Weine bei Kennern gefragter und exklusiver. Und das sind sie bis heute! Dieses Jahr feiert Charles Heidsieck den 200. Geburtstag seines Gründers und man kann gespannt sein, welche Raritäten und Sondereditionen in der zweiten Jahreshälfte releasen wird. Alles steht im Zeichen der herausragenden Persönlichkeit des Gründers als findiger Unternehmer, Pionier, Cosmopolit und Gentleman.
Charles Heidsieck eines von 5 Häusern mit eigenen „Crayères“
Komme ich zurück zu meinem Besuch bei „Charles“ in 2018, war neben der Verkostung diverser Weine und Jahrgänge ein Besuch der „Crayères“ ein ganz besonderes Highlight. Nur ganz wenige Maisons dürfen sich den Eigentümer eines Stücks dieser 2000 Jahre alten gallo-romanischen Kreidekeller nennen. Sie verlaufen 20 bis 40 m unterhalb der Erdoberfläche von Reims und erstrecken sich wie eine eigene kleine Stadt über rund 200 km. Ein magischer Ort, an dem buchstäblich „the magic happens“.
Wo diese Gewölbe aus Kreide im Mittelalter von Dieben und Banditen zum Versteck genutzt wurden, und während der beiden Weltkriege Zuflucht für heimlose Einwohner der Stadt boten, lagern heute einige der größten Schätze der Weinwelt. Warum auch nicht? Die Crayères bieten mit wenig bis keiner Lichteinstrahlung, nur minimal schwankenden Temperaturen und dem feucht-kühlen Klima die perfekte Stätte, um Millionen von Flaschen bestmöglich zu lagern, bis sie in die weite Welt gesandt werden.
Die Crayères sind wirklich einzigartig und genau deswegen seit 2015 UNESCO Weltkulturerbe.
Charles Heidsiecks einzigartige Stilistik
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, gehören die Weine von Charles Heidsieck zu meinen absoluten Lieblingen in der Champagne. Dabei ist das Portfolio ebenso ruhig und auf Understatement getrimmt, wie ihr damaliger Schöpfer. Wo andere Häuser Jahr für Jahr eine ganze Armada an unterschiedlichen Cuvées präsentieren, bleibt Charles “bei seinen Leisten”. Was man auf die Flasche bringt, wird nach allerbestem Wissen und Gewissen hergestellt, und so reicht die Kollektion vom Brut Reserve, Brut Reserve Rosé über den Blanc de Blancs hin zu den Jahrgängen in Blancs und Rosé und schließlich der Prestige Cuvée – dem Blanc des Millénaires.
Um die Qualität der Weine des kleinen Familienunternehmens noch weiter nach vorne zu treiben, hat man rigoros selektiert – und das nicht erst bei der Lese im Weingut. Aus 120 Grand Cru Weinbergen hat man nur 60 als die wirklich besten herausgefiltert, was die Philosophie und Stringenz des Hauses nochmals unterstreicht. Doch auch im Keller herrscht Klasse statt Masse: da die Weine von Charles für eine Symbiose aus feiner Reife und vitalisierender Frische stehen, wurde die durchschnittliche Reifezeit der für Charles so wichtigen Reserveweine von 8 auf mindestens 10 Jahre heraufgesetzt.
Ein Statement zum Thema Reserveweine: für den so unvergleichlichen Brut Reserve werden bis zu 50% Reserveweine genutzt. Das bringt Tiefe und Komplexität in den Champagner und macht ihn nicht nur zu einem ausdrucksstarken Apéritif sondern auch zu einem vielseitigen Speisenbegleiter.
Meine Favoriten im Portfolio von Charles Heidsieck? Natürlich darf der Brut Reserve in keinem Weinschrank fehlen. Mit seiner Komplexität, Eleganz und gleichzeitig Kraft ist er ein Allrounder und in diesem Preissegment von herausragender Qualität. Außergewöhnlich gut gefallen mir auch die Jahrgangschampagner – allen voran der 2008er. Wer da noch die ein oder andere Flasche ergattern kann, sollte dies unbedingt tun.
Doch auch in Sachen Rosé ist man mit Charles gut aufgestellt: die anmutende gereifte rote Frucht, gepaart mit strahlender Frische bildet eine wunderbare Begleitung zu den verschiedensten Speisen und ist in jeder Blindverkostung ein Talk-About.
Verkostung des Blanc des Millénaires 2007
Spricht man von Weinen und Champagnern ist es zum einen die Natur, zum anderen der Mensch und sein Handwerk, der seinen Beitrag dazu leistet, Besonderes hervorzubringen. Schatzmeister bei Charles Heidsieck ist Chef de Cave Cyril Brun, der gemeinsam mit seinem Team Tag für Tag, Jahr für Jahr die Weinberge hegt und pflegt und mit größter Schonung im Keller arbeitet. Spannenderweise gesellt sich bei Charles Heidsieck noch ein weiterer, elementarer Pfeiler zum Winemaking hinzu: die Zeit. Nur wenige andere Häuser und Winzer beziehen die Zeit so in den (Reife-)prozess ein wie man es bei „Charles“ tut.
Das sieht man zum einen an der Zusammenstellung der einzelnen Cuvées mit ihren hohen Anteilen an Réserveweinen, zum anderen an den jeweils aktuell releasten Jahrgängen des Blanc des Millénaires. Wo viele Häuser bereits vier, fünf, sechs – manche sogar acht Jahre weiter sind – released Charles Heidsieck in diesem Frühjahr den Blanc des Millénaires des Jahrgangs 2007, der mehr als 12 Jahre auf der Hefe reifen durfte.
Wie es der Name erahnen lässt, ist die Prestige Cuvée des Hauses ein reinsortiger Chardonnay und aufgrund dessen immer ein Garant für Frische, Glanz und für ein Strahlen im Glas und am Gaumen. Passend zum Jahrgang 2007 ist dies nach 1983, 1985, 1990, 1995, 2004 und 2006 erst der siebte Blanc des Millénaires in der Geschichte des Hauses und dabei der erste, der in der neuen – wie ich finde – sehr extravaganten und hauseigenen Flaschenform “Crayeres” daherkommt. Diese Charles-like Flaschenform ist einem Durchgang in Crayères-Keller Nr. 9 nachempfunden, dessen Umrisse einer Flaschenform ähneln.
Sprechen wir von 100% Chardonnay, sprechen wir hier von den absoluten Top-Lagen für die weiße Rebsorte der Champagne: vier Grand Crus mit Oger, Mesnil-sur-Oger, Avize und Cramant und eine Premier Cru mit Vertus.
Dabei übernimmt jede von ihnen eine eigene Rolle und haucht dem Blanc des Millénaires seine Komplexität und Individualität ein: Oger für die Textur, Mesnil-sur-Oger für die Ausgewogenheit, Avize für eine besonders kraftvolle Mineralität, Cramant für die Vielschichtigkeit und Vertus für die Frische und floralen Noten.
Das eher kühle und von schlechtem Wetter geprägte Jahr 2007 mag den ein oder anderen abschrecken. Für die Herstellung eines reines Chardonnay-Meisterwerks sind diese Bedingungen jedoch alles andere als schlecht. Die Trauben haben es trotzdem zu voller Reife gebracht und dabei eine Säurestruktur, die ein besonders langes Reifepotential für den 2007er Blanc des Millénaires erahnen und erschmecken lassen.
Wie eigentlich immer, wenn man einen neuen Blanc de Millenaires-Jahrgang verkostet, kommt man schnell zum Schluss wie jung, wie frisch, ja wie erfrischend das Ganze ist.
Im Glas in blassem Gelbgold füllt sich die erste Nase mit einer Marriage aus knackig-spritziger Zitrusfrucht von Zitrone und Grapefruit und dezenten, aber präsenten Noten von Rauch und Röstaromen. Schwenkt man ein- oder zweimal, gesellt sich Salzkaramell hinzu, das sich auch im Anschluss neben der Grapefruit ganz subtil am Gaumen wiederfindet. Der Gaumen ist cremig und dennoch sehr präzise und mit der typischen Côte des Blancs-Mineralität – herrlich salzig und facettenreich. Das Finish ist lang und von Zitrusfrucht, Rauch und Salz geprägt. Dieser Blanc des Millénaires kann noch gut und gerne 25, wenn nicht gar 30 Jahre im gut temperierten Weinkeller verweilen und wird sich in den nächsten Jahren wunderbar entwickeln. Ein Must Try!
Ich durfte den neuen Blanc des Millénaires Jahrgang auf dem Rücksitz des Bentley Continanetal GT Speed verkosten. Ein absolut würdiges Ambiente – genau wie Champagne Charles Heidsieck steht Bentley für Handwerkskunst und Manufakturarbeit auf höchstem Niveau – immer ein bisschen Understatement und doch absolute Performance. The perfect Match!
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