Dass Franz Josef Schorn und Hubi Scheid gute Ideen haben, ist glaube ich jedem weinaffinen Menschen klar. In Düsseldorf das schwer unterschätzte Thema, die schwer unterschätzte Rebsorte Gamay, mal genauer unter die Lupe zu nehmen, gehört ganz sicher dazu.
Ehrlich gesagt trinkt man ja eine Reihe Regionen und Rebsorten häufig, und gerne, und oft- am besten immer- ist man begeistert. Beaujolais in Form der Rebsorte Gamay gehört irgendwie nicht dazu, zumindest nicht all zu oft. Das ist schade. Warum?
Beaujolais – eilt der schlechte Ruf voraus?
Vielleicht liegt es am teils selbst verschuldeten eher schlechten Ruf der Region und Weine. Jedes Jahr am 3. Donnerstag des Monats November wird gefeiert – die Ankunft des aktuellen Beaujolais Noveau. Die Jungweine dürfen nur kurze Zeit nach der Lese in den Verkauf – und eben diese Weine haben eben oft enttäuscht und ein Bild kreiert, das es loszuwerden gilt. Unbedingt wie ich finde.
Das südlich vom Burgund liegende und geografisch dem Burgund zugehörige Beaujolais, ist aufgrund seines eigenen Weintyps als Region eigenständig. Es ist in drei Unterregionen unterteilt: in die Region Beaujolais AOP, die den Großteil ausmacht, 38 als Beaujolais-Villages klassifizierte Lagen und schließlich 10 Crus (von Nord nach Süd) – Saint-Amour, Juliénas, Chénas, Moulin-á-Vent, Fleurie, Chiroubles, Morgon, Régnié, Côte de Brouilly und Bouilly.
Gamay regiert im Beaujolais
Die dominierende Rebsorte der Region ist Gamay. Eine robuste und früh austreibende Rebsorte, die sowohl in Sachen “Familienstammbaum” als auch Geschmack mit dem etwas nördlicher wachsenden Pinot Noir verbunden ist. So stammt sie ursprünglich aus dem Burgund, ist eine Kreuzung aus Pinot Noir und Heunisch und ist ebenfalls ein leichter, wahnsinnig trinkfreudiger Vertreter des Rotweins.
Das Aromenbild des Gamay ist vordergründig klar auf der Fruchtseite und alles andere als eindimensional, wie es oft verallgemeinert wird. Himbeere, Kirsche und Banane steigen oft die Nase hoch, nachdem man den eher blassen Rotwein im Glas betrachtet hat. Und dann wird es spannend: Florale Noten, Erdboden, Unterholz, Rauch, Vanille und Pilze gesellen sich dazu. Auch animalische Noten, lassen sich klar zuordnen.
Am Gaumen bestechen die Weine durch Frische, wenig Tannin und hohe Säure, so dass sich die Flasche oft im Handumdrehen mit Luft füllen lässt. Leicht gechilled serviert, sind das übrigens auch wunderbare Rotweine für die Terrasse im Sommer!
Zwar habe ich bei weitem nicht so viel Beaujolais Weine verkostet und getrunken wie Bordeaux oder Burgund, dennoch kann ich klar sagen: ein hoher Prozentsatz der Weine macht enormen Spaß. Die Leichtigkeit, diversen Aromen und Säure verleihen den Weinen enormen Trinkfluss.
Gamay – Wie steht es um die Qualität?
Wie eingangs erwähnt, hat das Beaujolais mit seinen Gamay-Weinen ein Image Problem. Die Weine kommen als Beaujolais Primeur oder Noveau nur zwei Monate nach der Lese auf den Markt, was es nicht wirklich besser macht. Doch wie sieht es mit der Qualität und dem Potenzial der Weine aus?
Dazu eine kurze Geschichte: Ich war vor kurzem in England und konnte den 2016er Morgon von Lapierre für freundliche 38€ im Restaurant (!!!) genießen – gab es übrigens auch by the Glass. Zu zweit war die Flasche in absolut unverschämtem Tempo geleert und bis heute bin ich ganz verzückt von diesem Wein. Auf meinen Facebook-Post, was das denn für ein „geniales Gesöff“ sei, ging gut die Post ab. Und sogar fast sachlich.
Neben dem Stil des Winzers und seiner Entwicklung über die Jahre, die ich an dieser Stelle außen vorlassen möchte, war ein Aufhänger das Thema Potenzial und Größe. So könne Beaujolais generell nicht reifen, sei kein Langstreckenläufer. Das empfehlen übrigens auch viele, viele Händler – „bitte in den ersten 1,2,3 Jahren trinken“. Darüber hinaus seien die Weine des Beaujolais bei weitem nicht so groß wie die des Burgund oder Bordeaux. Aber: wollen oder sollen sie das? Das Beaujolais und seine Weine sind eigenständig und aus meiner Sicht eine wunderbare Ergänzung des eigenen Repertoirs, wenn man einmal mit ihnen angefangen hat.
Gamay Probe beim Schorn in Düsseldorf
Und so schließt sich der Kreis, warum ich auf die Idee kam, ein paar Gedanken zum Beaujolais und seine Weine aufzuschreiben.
An einem winterlichen Samstagabend lud Franz-Josef Schorn zu Tische und servierte 6 selbst gekochte Gänge – allesamt sehr lecker, fokussiert auf das Wesentliche. Dazu gab es eine Range von Gamay Weinen, die er in Absprache mit Hubi Scheid ausgesucht hatte. Jeder der Hubi Scheid kennt kann sich denken, dass viel Louis Jadot dabei war. Ich musste grinsen.
Die Weine der Probe reichten vom einfacheren Beaujolais–Villages über die südlichen bis hoch zu den nördlichen Crus. Brouilly war dabei, Fleurie war dabei, Morgon war dabei, Moulin-á-Vent war dabei. Die Weine kamen aus den Jahrgängen 2010 bis 2015, waren also nach dem Rat vieler schon weit über ihr perfektes Trinkfenster hinaus.
Vorab, die Weine waren alle in perfektem Zustand, keiner der Weine war müde oder „drüber“. Die aus neun Weinliebhabern zusammengesetzte Gruppe gab einhellig zu, dass Gamay nicht zum alltäglichen Rotwein bei ihnen gehört, was die Probe umso spannender machte.
Gerade die Frische und Leichtigkeit gepaart mit den teils ruppigen Aromen gefielen sehr gut, überzeugten auch die eingeschworenen Rieslingfans.
Meine Highlights:
Domaine de Pincereau Fleurie 2015 sehr frisch, rund und weiblich. Fruchtsüße, Kirsche, Veilchen und gut eingepacktes Holz. Pfeffrig untermalt, klar und enorm trinkig. Stattliches Finish mit Kirsche und etwas Pfeffer. „Der kann auch noch was liegen“, war der Tenor der Gruppe.
Chateau des Jaques Moulin-a-Vént 2014 im Anschluss war dann ein ordentlicher Kontrast. Das war viel üppiger und dichter, sowohl in der Nase als auch am Gaumen. Dunkle Beeren, Sauerkirsche, Holz fein eingepackt. Dann war da Erde und Rauch. Am Gaumen sehr seidig, angenehme Süße, etwas würzig und untermalt von lebendiger Säure.
Chateau des Jaques Moulin-a-Vént Clos de Rochegres 2010 war der reifste Wein der Strecke. Und da kam dann wieder die Frage auf: wie weit ist dieser Gamay? 8 Jahre alt und stand voll im Saft. Feine Holz Aromen, Toast, dann kam die Frucht. Pflaume, Sauerkirsche und Cranberry. Danach noch gut geöltes Leder, Pilze und ein wenig Pferdestall – ich mag das bis zu einem Gewissen grad sehr gerne. Hier wunderbar dosiert. Er entwickelte sich im Glas schnell, von der holzigen auf die fruchtbetontere Seite. War dann sehr rund und harmonisch, mit gutem Zug, geschliffenen Tanninen und animierender Säure. Zeigte eine ordentliche Länge, finished pfeffrig und mit saftiger Kirsche.
Nach dieser Probe habe ich mir vorgenommen – Franz-Josef übrigens auch – mehr Gamay zu probieren, ganz gezielt. Diese Weine sind alles andere als eindimensional und banal und oben drauf schmecken sie noch gut. Mir persönlich ist der Trinkfluss eines Weines sehr wichtig, weil sperrige Tropfen zwar auch spannend, aber eben auch anstrengender sind. So einen Fleurie oder Morgon, den kannst du mit Anspruch genießen, hast richtig Spaß im Glas und schaut man sich das Thema Preis-Leistung an, wird der Spaß noch größer.
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